Wissen und Ähnliches

 

Am Anfang des Textes „Aporie des Wissens und der Transzendenz“ habe ich darauf hingewiesen, daß statt des Wortes Wissen andere Wörter hätten bedacht werden können, etwa Begriff, Denken, Erkenntnis, Information usw. Alle diese Wörter kommen oft vor, und mit ihnen die Aporie des Wissens und der Transzendenz. Charakteristisch für diese Wörter ist, daß sie in Situationen vorkommen, bei denen immer zusätzlich drei Teile gedacht werden: eine Sache, die sich denkende Person, ein transzendentes Wissen zur Sache, das scheinbar mit der Sache in Verbindung steht. Die zu denken vorgebende Person meint, daß folgendes möglich ist:

 

das Gebrauchen eines Mittels zum Zweck,

ein Handeln, das mehr sein soll als ein nur ablaufender Vorgang,

ein Nutzen von Begriffen,

ein Verstehen,

ein Erkennen von Sinn, Bedeutung,

ein Interpretieren von Information,

Wahrheit oder Unwahrheit, Geschichten,

Sprache, Kommunikation usw.

 

Wenn ein Subjekt P ein Wort sagt, und meint, einen Begriff von der entsprechenden Sache zu haben, wenn er also zusätzlich zu dem Wort, das er z.B. auf Papier sieht oder in der gesprochenen Sprache hört, noch etwas Zusätzliches zu haben vermeint, dann versuche ich das bei mir nicht nachzuahmen. (Dieses Zusätzliche nenne ich ja transzendent, weil es außerhalb der Sache selbst sein soll, es kann oft als Wissen gedacht werden.) Sondern ich denke nur an die entsprechende Sache, und noch an den Zustand, in dem P ist, wenn er das bestimmte Wort sagt, sieht, oder benutzt. Später wird auch noch klar werden, daß der Zustand ein anderer ist, je nachdem, ob er das Wort sagt, bemerkt, oder benutzt.

 

Beispiele, bei denen ein transzendentes Wissen vorausgesetzt wird

 

-     Wenn eine Person mit Wörtern, Sätzen, Geschichten und anderen Äußerungen etwas über eine Sache zu sagen glaubt.

 

-     Wenn eine Person zum Ausdruck bringt, daß sie etwas über die Welt oder über Sachen weiß, und meint, daß die Sätze nur ein Mittel der Mitteilung sind.

 

-     Wenn eine Person so von Vergangenem erzählt, als wäre es vor ihr. Sie „weiß“ zwar, daß das Vergangene jetzt anders ist als in der Vergangenheit, sie denkt aber nicht daran, und übergeht ganz gerne, daß nur die Spuren des Vergangenen und die Erinnerung die aktuellen Sätze hervorrufen, in denen das Erinnerte für den Zuhörer nur ein Hörspiel über die Vergangenheit ist. Die Zeitform der Vergangenheit favorisiert in diesem Falle das transzendente Denken des Erinnerten, weil sie ständig eine Trennung vom Jetzt vorgaukelt.

 

In allen diesen Fällen denkt die Person eine Distanz zwischen sich und die Sache. Diese Haltung erlaube ich mir nicht, und verzichte auf die entsprechenden Wörter (wie im Text „Welt“, Absatz Verzicht dargelegt). In vielen Situationen des alltäglichen Lebens und der Sprache geht es ohne diese Haltung:

 

Beispiele, bei denen kein transzendentes Wissen vorausgesetzt wird

 

-     Bei Anwesenheit einer großen Gefahr z.B. beim Ausruf "Feuer",

-     bei jedem naiven oder ungenauen Satz, in dem weder Logik noch Grammatik beachtet werden,

-     bei einem Teil der Sätze, die nicht behauptet werden,

-     bei einem Teil der Sätze, die subjektive Gefühle ausdrücken, also nichts, was vor der Person ist, sondern etwas, das sie bewegt. Die Gefühle denkt P zwar bei sich, sieht sich aber nicht über ihnen, weil er sich eventuell sehr mit ihnen verbunden sieht, oder weil er sich von ihnen leiten läßt,

-     bei allen einführenden Sätzen, bei denen es nur um die Erinnerung eines Sachverhaltes geht, bzw. darum, in die Lage zu kommen, das auf die Einleitung folgende zu verstehen,

-     bei vielem vom sogenannten Nicht-Verbalen, beim Riechen, Empfinden, vielleicht sogar bei bildlichen Vorstellungen, usw.

 

Begriff, Bedeutung, Sinn, Verstehen, Gebrauch, Benutzung usw.

 

Das alles sind Wörter, bei denen die Person die drei genannten Instanzen mitdenkt: Sache, Person (sich selbst), das Transzendente, so wie schon im Text „Aporie des Wissens“ gezeigt. Dabei sagt die Person z.B., daß sie ein Wissen über die Sache hat, daß sie das Wissen vor sich hat, daß sie sich eines Wissens sicher ist, usw. - alles Metaphern des Seins, des Habens, des Raumes. Warum die Teilhabe am „Raum“ des Wissens überhaupt dieser Metaphern bedarf, das wird nicht weiter reflektiert. Und wenn, dann mit Zirkelschlüssen. Auch wenn diese schwer zu entlarven sein sollten.

 

Die genannten Wörter sind abstrakt, ihnen stehen keine Sachen gegenüber. Sollte ich sie verwenden, so nehme ich sie nicht genau.

 

Ein Begriff ist keine Sache. Höchstens ein Zustand, verursacht von einer Sache. Wer denkt, er habe einen Begriff von einer Sache, ist in einem Zustand, in dem er glaubt, mehr von der Sache zu haben als ein Wort, das er zur Sache sagen kann. Er scheint die Sache zu greifen. Mit dem Wort kann er sich vorgaukeln, über der Sache zu stehen, und doch auf sie zuzugreifen. Die Transzendenz scheint sich damit aufzulösen. Das Wort Begriff gibt es in vielen Sprachen übrigens nicht, aber die entsprechenden Wörter sind analog zu sehen.

 

Das Verwenden dieser Wörter ist nicht so natürlich wie man das meinen könnte. Befragen Sie ein Kind, was ein bestimmtes Wort bedeutet, dann können Sie oft von ihm hören, daß es die Frage nicht versteht. Erst die Frage, es solle einen Satz mit dem Wort machen, wird die Idee einer Definition festigen können, und damit auch den transzendenten Charakter, der zu diesem Wort hinzukommen soll.

 

Gedanke und Gefühl sind keine Sachen, allerhöchstens als Zustände eines Subjekts. Übrigens: Warum sollte ein Zustand, der sich dadurch von anderen unterscheidet, daß ein bestimmtes Wort gehört, gesehen, gesprochen oder sonstwie in der Person ist, ein psychischer und kein physischer sein? Das leuchtet mir jedenfalls nicht ein.

 

Später werde ich noch über die Metaphern schreiben. Hier kann zumindest schon vermutet werden, daß das, was dem speziellen Wissen oder Begriff entsprechen soll, oft an zwei Orten gedacht wird (an der materiellen Stelle, wo die Sache ist, und an der transzendenten Stelle). Und diese transzendente Stelle wird auch an einem Ort gedacht, etwa in einem Raume des Wissens, oder in einem Raum der Naturgesetze usw., und dieser Raum ist von vornherein nicht-materieller Natur. Wie soll ein Nicht-Materielles überhaupt an einer Stelle, in einem Raum sein? Warum braucht der Denkende die Vorstellung von einem Raum in diesem Falle. Descartes kannte dieses Problem, und dachte an eine Raumlosigkeit des Gedachten. Auch diese seine Idee ist schwer fortzusetzen. Das entsprechende Problem wird heutzutage ganz einfach unter den Tisch gekehrt.

 

Sind Zahlen und viele mathematische Gebilde Sachen? Sie gehören nicht zu den fragwürdigen Wörtern, es sind Kalküle, Spielgegenstände für Hochbegabte und weniger begabte. Als solche sind es Sachen, nicht jedoch wenn sie transzendent gedacht werden. Sie können also transzendent wie auch nicht-transzendent gedacht werden. Und von den Mathematikern werden sie abwechselnd so oder so gedacht. Dieses Hin- und Her gibt es auch beim Denken in Begriffen.

 

Wissenschaftler, die an das Wissen glauben, können es nur als etwas Statisches ansehen, dem sie sich mehr oder weniger annähern. Oder sie konstruieren an ihm herum, bis es sich eher bewährt als das Wissen, das sie bisher hatten. Dieses Denken des Wissens geht völlig am Wissen vorbei, das der Einzelne hat.

 

Erkennen, Wahrheit, Behaupten

 

Beim genauen Betrachten der Wörter, bei denen etwas Transzendentes mitgedacht wird, wird ersichtlich, daß diesen bei den Subjekten nur der Zustand entsprechen kann, in dem sie sind, wenn sie das Wort sagen. Andererseits ist dieses Denken eine fruchtbare Fiktion.

 

Wenn es kein Wissen gibt, kann es auch keine Erkenntnis geben, und schon gar kein Wissen über ein Wissen, keinen Überblick, keine Theorie. Mit dem Wort Erkenntnistheorie wird schon vorausgesetzt, daß es Erkenntnis gibt. Wenn mit Erkenntnistheorie gefunden werden soll, worauf sich unser Erkennen stützen kann, geht sie doch sicher davon aus, daß wir etwas erkennen. Diese Voraussetzung wird hier nicht benutzt. Bei Erkenntnistheorie ist es somit ähnlich wie mit bei der Theologie: Wenn es nicht sicher ist, daß es Götter gibt, so kann anscheinend doch noch Theologie betrieben werden. Wenn es keine Erkenntnis gibt, dürfte analog dazu noch Erkenntnistheorie betrieben werden? etwa mit dem Namen Erkenntniskritik?

 

Allgemein kann gesagt werden: Wenn man ein Wissen, eine Theorie über eine Sache darlegen will, dann muß man einerseits von der Existenz der Sache ausgehen. Wenn man nicht von dieser ausgeht, dann dürfte man etwas ganz anderes tun, nämlich die Theorie oder das Wissen als Phänomen ansehen. So wie man versuchen kann, einen Gespensterglauben zu untersuchen. Für beide Zugänge dürfte wohl nicht dasselbe Wort gebraucht werden. Das gleichzeitige Betrachten beider stört mich nicht, auch wenn es ein Schielen ist. Dieses Schielen als einen Glauben anzusehen ginge auch wieder zu weit. Zu diesem Thema des Zusammenschmiedens zweier Sachen, und dann dafür ein einziges Wort vorzuschlagen werde ich noch Texte folgen lassen.

 

Wer bestimmte Sätze behauptet, spaltet sich auf in eine behauptende Instanz und die Sätze. Die Sätze sieht er gewissermaßen in einem Bereich des Wissens, und er scheint sich weniger darum zu kümmern, wie er an diese Sätze gekommen ist, als darum, ob die Sätze wahr sind oder nicht. Er blickt lieber auf ein Gebäude des Wissens als auf die Frage, wie die Sätze aus Nicht-Sätzen und die Begriffe aus Nicht-Begriffen entstanden sind. Auf diese Weise erhebt er sich aus der realen Welt, und steigt in eine Welt ein, in der er sich nicht mehr um Kausalität zu kümmern braucht.

 

Wenn es kein transzendentes Wissen gibt, dann kann ein Subjekt auch nichts behaupten, und nichts als wahr ansehen. Mit dem Wort "behaupten" glauben manche, etwas Zusätzliches zu sagen, nicht nur eine Betonung, ein Verstärken, Wichtigerachten des Gesagten. Wenn eine Person den Satz einer anderen in Frage stellen will, dann kann sie fragen: "Was hast du behauptet?". Damit verleiht sie dem gesagten Satz eventuell mehr Wichtigkeit, als die erste ihr gab. Der Satz wird dann beim Sprechenden gedacht, und der Sprechende entscheidet sozusagen mit seiner Vehemenz über die Wahrheit, auch wenn diese Wahrheit anfänglich nur als subjektiv angesehen werden kann, und der Satz als Meinung. Durch den Nachdruck und die Überzeugung, die mit dem Satz einhergeht, ist dieser fragwürdig, es ist, als bräuchte der Satz einen Fürsprecher, als könnte er nicht selbst für sich stehen. Werden dadurch, daß eine Zweiteilung der Sätze in Sätze und Behauptungen gemacht wird, letztere von vornherein nicht subjektiv? Und wer entscheidet über objektive Sätze?

 

In der Sprache geht es mehr um das Sagen als um das Aussagen, das Behaupten und Wahr-sagen. Es kann gedacht und gesprochen werden, ohne zu behaupten. Zum Glück, wollen wir doch sagen, auch wenn letzteres oft gefordert wird.

 

Analog zu den Kriterien des Wissens glauben manche, Sätze müßten andere Kriterien als das der Wahrheit erfüllen. Sätze müßten schön, nützlich, sinnvoll, relevant usw. sein. Ein Fotograf könnte entsprechende Kriterien voraussetzen, und sagen, daß er nur Bilder sehen will, die den Regeln seiner Kunst gerecht werden. So könnte er entsprechende Gegenteile der Sätze ausschließen oder ablehnen. Ablehnungseigenschaften können mit Wörtern wie z.B. sinnlos, paradox, anstößig angegeben werden. Einige wollen sich von "negativen" Sätzen fernhalten und sagen, daß sie nur wahre Sätze hören wollen. Und wenn sie auf jemanden stoßen, der kein Kriterium (bzgl. wahr, sinnvoll usw.) beim Schreiben und Sprechen bewußt erfüllt, so sehen sie ihn schief an. So wie der angedeutete Fotograf verschließen sie sich dann vor Neuem.

 

Wenn Wissen und Erkenntnis nur Fiktionen sind, ist es nicht möglich, wahre Sätze zu sagen. Und wenn ich diesbezüglich Agnostiker bin, schreibe ich ohne die Voraussetzung von Wissen und Erkenntnis. Gespräche, die Wissen und Erkenntnis zusätzlich zu tragen vorgaukeln, sehe ich mit Erasmus von Rotterdam als Zungenschlagen an. Auch ein Satz wie „Der Mensch ist zur Sprache fähig.“ kann bei mir nur ein Staunen hervorrufen. Ein Staunen vor einer Kleinwisserei. Mit dem Wissen fällt auch die Sprache, wenn sie mehr sein soll als die Sammlung des Gesprochenen und Geschriebenen, und mehr als die Möglichkeit, Sätze zur Folge zu haben, wozu auch Computerprogramme fähig sind.

 

Bekannt ist, daß alle wissenschaftlichen Texte mit dem Denken der Transzendenz des Wissens vorankommen. Oft geht es auch ohne, und es ginge vermutlich immer ohne. Ein Teil der philosophischen Richtungen geht mit dieser Transzendenz, ein quantitativ kaum vertretener Teil ohne sie. Wenn eine Person eine Sache und das ihr bezügliche transzendente Wissen denkt, kann das eine oder andere stärker gedacht werden. So kann nur die Sache gedacht werden, oder nur das zu ihr transzendente Wissen. Letzteres tun Mathematiker. Ihr Wissen sehen sie als rein formales an, das nichts über die Welt aussagt. Jedes der drei Teile (Sache, Person, transzendentes Wissen zur Sache) wird mehr oder weniger ernst genommen. Man denke z.B. an Romanschreiber, sonstige Literaten, Religionsschreiber, Rhetoriker, Politiker usw. und stelle sich jeweils die Frage, welches der drei Teile sie ernst nehmen, bzw. wie sie abwechselnd jedes dieser Teile hervorheben.

 

Es ist klar zu unterscheiden zwischen dem transzendenten Wissen und dem Wissen als Sammlung von Zeichen, Wörtern, den Sätzen, Abschnitten, Kapiteln in Büchern (z.B. Geschriebenes in Büchern). Letzteres gehört zu den Sachen, diese können Personen in andere Zustände bringen, so daß sie anders handeln können. Wissen als Geschriebenes in Büchern ist in dem Sinne nicht transzendent.

 

Mit dem Wissen schleicht sich oft auch eine Konstruktion in das Wissen ein, und damit eine Rangordnung unter den Sätzen. Die Rangordnung fällt mit dem transzendenten Wissen. Oder: Wenn ein Subjekt kein Wissen haben kann, kann es auch keine Rangordnung im Wissen geben. Mit dem Wissen fällt auch die Wertigkeitszuordnung zu Sätzen: Die wissenschaftlichen Sätze, die Prinzipien, usw. sind nichts mehr als Sätze.

 

Wenn einer Person bewußt ist, daß die Sätze in ihr entstehen, weiß sie auch, daß sie nicht über oder hinter diesen steht, d.h. sie ist noch nicht fähig, diese auch zu behaupten. Ein eventueller Wahrheitstest geschieht meist nachträglich, z.B. wenn jemand sich fragt, was er denn gerade gesagt hat. Viele Personen produzieren nur Sätze, und überlassen es anderen, diese zu prüfen. Für viele Sätze ist diese Prüfung nützlich, für andere ist sie nicht nötig.

 

Was den Wörtern "relativ", "subjektiv" usw. gegenübersteht, ist von der gerade genannten Unterscheidung nicht abhängig, d.h. es gibt Sätze, die nur subjektiv gelten sollen, und doch ein Wissen ausdrücken sollen. Insoweit ein Schmerz im Bein vorhanden behauptet wird, will der entsprechende Satz so etwas wie ein Wissen ausdrücken, insoweit aber seine Unerträglichkeit ständig anders beschrieben wird, wird nichts über etwas anderes behauptet.

 

Ob alle Sätze, die Metaphern enthalten, kein Wissen aussagen wollen, das kann jetzt hier nicht entschieden werden, zumal viele Sätze als wahr behauptet werden, die Wortmetaphern enthalten. Das ist allerdings ein Problem. Metaphern in diesem Sinne können abstrakte Wörter sein, die scheinbar jenseits jeder Metapher sein wollen, z.B. die Wörter "denken", "das Sein". Gerade dann, wenn mit den Wörtern so getan wird, als stünden sie für entsprechende Sachen, und wenn das gar nicht so sicher ist. Diese Art Wörter fußen auf der Annahme, daß es möglich ist, über etwas zu denken, also die Sachen zu transzendieren.

 

Außer der Wörter, die alle mit Wissen zu tun haben, gibt es noch eine Reihe anderer Wörter, bei denen eine Transzendenz mitgedacht wird. Sie stehen meist in Sätzen mit dem Verb „sein“: 

 

-     P gehört zum Berufsstand der Ärzte.

-     Dies ist ein Werkzeug.

-     P ist Minister.

-     P bekannte sich zur Ehrlichkeit, Q jedoch wurde Krimineller.

 

Wer bei einer Verwaltung vorspricht, und mit einem dort Angestellten zu verhandeln hat, muß sich immer darüber im klaren sein, daß er einerseits einen Artgenossen vor sich hat, andererseits eine funktionierende Person, die so handeln muß, wie das Amt ihr befiehlt, und dabei fast Automat ist. Wer sich nichts vorgaukeln will, vereint die zwei Instanzen nicht. Dies ist nur ein Beispiel für zwei Instanzen sind, und eine Situation, bei der eine Transzendenz nicht gedacht zu werden braucht.

 

Wenn eine Person sagt: „Dies ist ein Tisch.“, so muß dabei noch keine Transzendenz gedacht werden. Wenn sie aber sagt, „Ein Tisch ist ein in der Welt vorkommender Gegenstand.“, so gehen Wort wie Satz von der Möglichkeit einer Transzendenz aus. Denn es wird so getan, als ob mit dem Wort und dem Satz etwas über die Welt gesagt werden könnte.

 

Wenn wir uns als Betrachter ansehen, erlauben wir uns von Zeit zu Zeit das Denken mit Transzendenz, als Subjekt sehen wir uns jedoch ohne Wissen, Sprache, Logik usw.

 

Wer "die Welt" von vornherein nicht immer wie ein Betrachter erlebt, sondern auch wie ein Subjekt, hat Sachen vor sich, die in seinen Bereich eingetreten sind. Nun wird die Nachwirkung dieser Sachen in seiner Erinnerung wieder aktiv, und mit den Wirkungen seiner anderen Möglichkeiten können in ihm neue Sätze entstehen. Gemeinsamkeiten mit anderen Sachen können sich hervortun usw. Zum Schluß eines erfolgreichen Ablaufs dieser Art wird ein Sachverhalt, eine Charaktereigenschaft usw. klar.

 

In diesen Zusammenhang fallen auch die Überlegungen, daß Denken nur ein ablaufendes Geschehen wie jedes andere sein kann. Lichtenberg stellte bekanntlich das „Es denkt“ dem „Ich denke“ entgegen. Das „Es denkt“ deutet eine gewisse Passivität an, die allerdings nicht gemeint sein sollte. Ebenso sollte das „Ich denke“ nicht unbedingt mit einer Aktivität assoziiert gedacht werden. Zudem tut das „Es“ so, als ob das Denken so wie der Regen von einer unbestimmten Stelle kommen würde, was den Nagel nicht auf den Kopf trifft. Außerdem sind Passivität wie Aktivität nur Metaphern.

 

Eigenschaft der Wörter im Zusammenhang mit Wissen

 

Charakteristisch für das Wort Wissen wie für die ähnlichen Wörter ist, daß nicht angegeben werden kann, wo das ist, wofür sie stehen. Eine weitere Eigenschaft ist, daß sie einmal für das eine, ein andermal für etwas anderes verwendet werden. Wenn also gesagt wird, daß das Wissen in Köpfen sei, dann wieder in Büchern, dann wieder in einem Raum des Wissens, dann ist Skepsis angesagt.

 

Das Spezielle und das Allgemeine

 

Diese Unterscheidung ist jenseits der Unterscheidung transzendent / nicht transzendent. Es ist möglich, den Allquantor zu benutzen, ohne transzendent zu denken. Wer sagt, daß alle Schwäne weiß sind, hat noch nichts über einen allgemeinen Schwan ausgesagt, wie z.B. im Satz "Der Schwan ist ein Tier." Andererseits kann ein transzendent gedachter Satz Einzelsachen besprechen. Es geht nicht darum, Allgemeinem die Existenz abzusprechen, aber es muß gesehen werden, daß die Einzelsachen in allgemeinen Sätzen nur noch Kalküle oder Zahlen gegenüber den Einzelgegenständen sind. Vielleicht will Gorgias aus diesen Gründen gegenüber Sokrates nur den Einzelmenschen Sokrates annehmen, nicht jedoch den Menschen. Dann haben beide, Sokrates wie Gorgias, die genannte Unterscheidung nicht beachtet.

 

13.6.2002

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Zum nächsten Text: begegnung.htm , in dem eine Unsicherheit beschrieben wird, die vorliegt, wenn zwei Sachen sich im Raum begegnen mit der Schlußfolgerung, daß eine Entscheidung zu Gunsten einer realen Welt unbegründbar ist, und der Solipsismus möglich bleibt.

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zur Übersicht: www.weltordnung.de

© Joseph Hipp