Lob der Ungenauigkeit
Gewollt ungenaue Benutzung bestimmter Wörter
Genauigkeit ist an
wechselnden Orten im Geschriebenen
Einfache wie auch
kompliziertere Sachverhalte können meist in der Umgangssprache mitgeteilt
werden, ohne daß mathematische Formeln oder Fachwörter oder sonstige Mittel
benutzt werden. Hier jedoch will ich kein zusätzliches Mittel einführen,
sondern im Gegenteil, ich möchte ein bestimmtes Vorgehen ausschließen. Weil
dieses Vorgehen so verbreitet ist, und weil es so unerläßlich zu sein scheint,
wird es dem Lesenden schwer fallen, darauf zu verzichten. Es ist so, als würde
ich von einer Person, die aus Gewohnheit schnell geht, verlangen, nun langsamer
zu gehen.
Beim Sprechen und Verstehen
geht es meist nur um das Mitteilen von Bestimmtem, und die dazu benutzen
Wörter, Sätze und Geschichten können sekundär sein. Aus diesem Grund brauchen
die meisten Wörter im Umgang nur ungenau benutzt und verstanden zu werden. Das
bedeutet auch, daß es keinen Zweck hat, diese zu kritisieren, wenn sie nur als
Mittel zum Verstehen einer bestimmten Sache, in diesem Falle von Sätzen oder
Geschichten, vorkommen. Analog dazu werden Sätze oder Geschichten nur ungenau
gesagt, wobei das bestimmte Mitgeteilte nicht in diesen liegt, sondern in
anderem, etwa in Wörtern, z.B. wenn diese definiert werden. So ginge eine
Kritik der Sätze von vornherein ins Leere. Wenn gesagt wird, unter welchen
Umständen ein bestimmtes Wort gebraucht wird, sind die gesagten Sätze oder
Geschichten nicht genau zu nehmen. Obwohl bekannt sein dürfte, daß alles
ungenau Gemeinte im Umkreis des genau Gemeinten der Kritik nicht unterzogen zu
werden braucht, wird dieser Sachverhalt ständig übersehen, und viele
kritisieren an den Stellen, die nur eine sekundäre Rolle spielen.
Lob der Ungenauigkeit und des ungenauen Lesens
Die Etymologie des Wortes
Intelligenz ist wohl bekannt: Wenn zwischen den Zeilen gelesen werden soll,
werden die Zeilen nur ungenau gelesen. Wenn es um einen Satz geht, starre man
nicht auf die Wörter. Wenn es um die Wörter geht, wende man keine Energie dafür
auf, die Sätze genau zu verstehen. Es geht darum, möglichst voraussetzungslos
zu lesen, und erst aus den Zeilen heraus zu lesen, wann es um die Wörter geht,
wann um den ganzen Satz, wann um einen ganzen Absatz oder eine Geschichte. Dann
sollen nicht sofort Widersprüche im Geschriebenen gesucht werden. Das kann erst
erfolgen, wenn die Sicherheit besteht, ob die Wörter gemeint waren oder die
Sätze.
Die Genauigkeit ist dem
Verstehen im Wege. Durch allzu viel Genauigkeit und Logik kann man sich
gegenüber dem übergreifenden Wissen verschließen, und der allgemeineren
Wahrheit.
So wie ein Hausbauer Steine
ablehnen kann, weil er mit Ziegeln baut, so kann man auch Wörter ablehnen, und
sich nicht mit entsprechenden Sachen beschäftigen wollen.
Zu was ist derjenige nicht
bereit, der gewisse Wörter ablehnt? Welche Gründe kann es für eine Ablehnung
geben? (Der Buchstabe P steht jetzt für irgendeine Person.)
(generell)
-
Das
zu verwendende Wort müßte lange erklärt werden, wofür die Zeit dann fehlen
würde.
-
Es
besteht ein allzu großes Wissensgefälle. Der Sprechende kann das Wort nicht
verwenden, weil er es nicht richtig verwenden kann, oder weil der Zuhörende es
nicht richtig verstehen kann.
-
Das
Wort ist je nach Person derart verschieden, so daß eine Nutzung nicht mehr
sinnvoll erscheint, bzw. es gibt derart viele Varianten, daß ein Gebrauch ohne
eine langwierige Spezifizierung nicht möglich ist. (z.B. Völkerwanderung)
-
Die
Sache, um die es geht, ist der Person nicht klar. (z.B. Sozialstaat)
-
Die
vielen Sätze, Metaphern, die auf die Sache deuten wollen, bringen nichts Klares
zum Vorschein, so daß ein Wort dazu von vornherein unnütz ist. (z.B. das Böse)
-
Das
Wort ist zu vieldeutig, zu mehrdeutig. Beispiel: relativ. Es kommt in zu vielen
Zusammenhängen vor, die sich gegenseitig ausschließen. So ein Wort ist
unbrauchbar, wenn es um das Verständnis der Sachverhalte geht.
-
Das
Wort ist verschlissen, durch den übertriebenen Gebrauch unbrauchbar geworden.
z.B. Politik, Glaube, Arbeit, Liebe, sozial, Familie, Religion, Staat usw.
-
Das
Wort ist derart eingefahren, daß immer eine bestimmte Bedeutung erscheint, die
nicht weggedacht werden kann.
-
Die
ursprüngliche Bedeutung ist nicht bekannt, oder es ist eine andere als die
aktuelle. (z.B. niederträchtig, anfänglich positiv, jetzt negativ)
-
Das
Wort entstammt nicht der eigenen Sprache, es ist ein Fremdwort mit unbekannten
Silben.
(Ablehnung, weil das Wort
keinen Sinn mehr hat)
-
P
weiß oder glaubt, daß diesem Wort nichts gegenübersteht, daß es nicht
weiterhilft im Wissen, z.B. Feuerkraft (Phlogiston), Äther, das Böse usw.
-
P
hat schlechte Erfahrungen mit dem Wort oder im Zusammenhang mit dem Wort
gemacht.
-
P
schließt Wörter aus, die in der Geschichte einen Stellenwert hatten, aber im
Laufe der Zeit aus ihr verbannt wurden, z.B. Wille, Seele, usw.
-
P
glaubt Wörter zu haben, die besser als andere sind, und sieht keinen Vorteil,
die üblichen Wörter zusätzlich zu verwenden.
-
P
benutzt für die gleiche Sache immer nur das gleiche Wort, und wenn andere fast
synonyme Wörter erscheinen, übersetzt er diese in sein eigenes Wort.
-
P
kümmert sich nicht darum, wenn jemand seine Sätze und Wörter in eine andere
Sprache oder in seine eigene übersetzt, schließt sich der Übersetzungsarbeit
aber nicht an, und ist auch nicht für dabei entstehende Fehler verantwortlich.
(Folge: Abneigung gegenüber
der genauen Nutzung des Wortes)
-
P
vergleicht das Wort nicht mit anderen Wörtern, (z.B. die Wörter
"erkennen" und "verstehen"), und er hat sich eventuell für
eins der beiden entschieden, so daß das zweite nicht erforderlich ist, oder er
lehnt beide für den genauen Gebrauch ab.
-
P
hat für das Wort keine Stelle in seinem Wissensgebäude, z.B. als Axiom, und er
braucht es in diesem auch nicht.
-
P
bildet keine Sätze, bei denen das Wort eine wichtige Rolle spielt. (z.B. Das
Böse ist unter uns.) Es konstruiert mit solchen Wörtern keine Theorien, nutzt
sie nicht für wichtige Aussagen.
-
P
nimmt dieses Wort nicht zu Hilfe, um etwas anderes damit zu erklären, das nur
verständlich ist, wenn man das Wort auch wirklich genau nimmt.
-
P
nutzt bestimmte Wörter nicht als Teile in zusammengesetzten Wörtern.
-
P
kann nicht so recht über solche Wörter oder mit solchen Wörtern diskutieren,
weil er weiß, daß das Gespräch dann ausartet oder zu kunterbunt vor sich geht.
Dieser Methode der Ablehnung
vieler Wörter mit Nutzung der abgelehnten Wörter im ungenauen Sinne steht die
viel verbreitetere Methode gegenüber, bei der jedes Wort ernst genommen
wird. Diejenigen, die letztere Methode anwenden, kommen nicht darum herum, ein
Wort auf ein anderes zurückzuführen, über Bedeutungen zu streiten usw. Sie
gehen naiv davon aus, daß ein Wort richtig oder falsch verwendet werden kann.
Auch wenn sie wissen, daß die richtige Verwendung nur von den Gewohnheiten in
der Sprache bestimmt wird.
Viele nehmen ein Wort zum
Ausgangspunkt, wenn sie die entsprechende Sache besser verstehen wollen. So
fragen sie zum Beispiel: Was ist Wahrheit, Kausalität, Krankheit, das Sein?
Dabei können zuerst Wörterbücher konsultiert werden, und auch philosophische
Texte. Außerdem können Spezialisten befragt werden. Alsdann können sich mehrere
Arten Irrtümer einschleichen, wie z.B. zuerst der, bei dem die Wörter allzu
ernst genommen werden. Hier herrscht der naive Realismus, besonders bei
Philosophen, ohne daß sie es merken und glauben wollen. Sie glauben zwar nicht
prinzipiell, daß eine Einheit zwischen Wort und Sache besteht. Sie wissen auch,
daß es keine 1:1-Entprechung gibt.
Was tun mit den abgelehnten Wörtern?
Der Vorzug bestimmter Wörter
geht eventuell einher mit dem eingehenden Sich-Beschäftigen mit diesen, einem
Vernachlässigen oder Ablehnen anderer. Die abgelehnten Wörter werden jedoch in
der Umgangssprache benutzt und können weiter genutzt werden, jedoch nur in
einem ungenauen Sinne, z.B. in Negationen. Beispiel: Mit dem Satz: „Es gibt
keine Gespenster.“ muß der Aussagende keine genauen Vorstellungen über das
haben, was ein Gespenst sein soll. Alle Negationen bedürfen keiner genauen
Vorstellungen der negierten Sache.
Es steht jedem zu, ein Wort
zu gebrauchen oder es nicht zu gebrauchen. Damit hat er nicht behauptet, daß
das abgelehnte Wort überhaupt keine Bedeutung hat. Es bleiben folgende
Möglichkeiten:
-
Gebrauch
des Wortes im ungenauen Sinne.
-
Gebrauch
bei Personen, die keine Redundanz in ihren Erklärungsmöglichkeiten haben, und
die sich aus Zeitmangel und sonstigen Gründen mit einer groben Erklärung der
Sachen begnügen müssen.
-
Gebrauch
bei Personen, die mit den Wörtern etwas erreichen wollen, bei Politikern,
Verkäufern usw. Auf dem Markte kann mit marktüblichen Wörtern gesprochen
werden, da geht es sowieso nicht so genau.
-
Gebrauch
bei Personen und Verwaltungen, die stur bei ihren Wörtern bleiben.
Das
Ablehnen von Wörtern hat nichts zu tun mit dem Ablehnen von Theorien,
Glaubenssystemen usw., nicht einmal mit dem Ablehnen von Sätzen: Wer das Wort
Gott nicht benutzt, von dem kann nicht automatisch gesagt werden, daß er nicht
an Gott glaubt. Andererseits ist bei Benutzen eines Wortes im oben schon
zitierten Satz "Es gibt keine Gespenster" nicht gleichzeitig zu
denken, daß der Sprecher das dem negierten Wort Entsprechende als existent oder
möglich annimmt. Er gebraucht dieses Wort nur, um es in den Bereich der nicht
angenommenen Wörter zu verdrängen, bzw. um es dort zu belassen. Übrigens ist
die Satzform "Es gibt kein ..." in der Umgangssprache durchaus
üblich. So hat jeder einen Pool von Wörtern, die er vorzieht, und einen, den er
nicht so sehr in seinem Denken gebraucht.
Hervorragende
Beispiele für die Methode, bei der ein Teil der Wörter genau gebraucht wird,
sind die exakten Wissenschaften. Der Ursprung dieser Wörter ist oft die
Umgangssprache selbst, in der die Wörter nur im ungenauen Sinne verwendet
werden (z.B. Kraft, Arbeit, Leistung usw.) Wenn ein Lehrender jedoch das Genaue
mitteilt, benutzt er doch wieder die Umgangssprache, und zwar mit allem
Ungenauen, das sie mit sich trägt.
Eine Methode, die sich zur
Ungenauigkeit bekennt
Einiges kann genau definiert
werden. Aber was ist, wenn nicht die richtigen Wörter vorliegen? Einige Wörter
stehen für Sachen, die Grenzen haben. Und wenn diese Sachen keine Grenzen
haben, weil sie nur in der Sprache sind? Man denke hier außerdem an die
Betrachtungen eines Rudolf von Carnap was die Rangordnung bei
wissenschaftlichen Größen anbelangt.
Die Methode, die sich zur
Ungenauigkeit bekennt, ist nicht mir eigen, ich kenne niemanden, der bei allen
Wörtern, die er in Sätzen gebraucht, genau weiß, von wo sie her sind,
geschichtlich bei ihm oder bezüglich Etymologie.
Viele versuchen zwar in dem
Fall, wo etwas ungenau ist, Genaues zu einem Wort zu sagen, brauchen dafür
enorm viel Zeit, und kommen zu keinem grünen Zweig oder es entstehen
pedantische Konstruktionen. Manche meinen, daß sie die Wörter nicht verwenden
dürfen, die sie nicht genau definieren können. Ich schlage ein anderes
Verfahren vor: ich gebrauche eben die „falschen“ Wörter, und sage dann, daß ich
sie im ungenauen Sinne verwende. Ich wage die Behauptung, daß ich mir ständig
bewußt bin, wann ich ein Wort im ungenauen Sinne verwende, wann im genauen. Und
es kommt vor, daß ich eine Sache genau kenne, bei der das richtige Wort mir
fehlt, ich dann ein Wort aus der Umgangssprache dazu verwende, was nicht
richtig paßt, und mir dessen stets bewußt bin. Manchmal lasse ich die unklaren
Wörter einfach weg, und befasse mich nur mit Sachen, die mir bei der
entsprechenden Gelegenheit klar sind.
Ein Beispiel: das Wort
Wissen.
Wissen scheint in der
Sprache genau definiert zu sein. Beim Ergründen dessen, wofür das Wort stehen
soll, findet man jedoch nur Wörter, Sätze, Bilder, Stimmen, Musikstücke,
Geschichten, psychische Zustände usw.
Ein Bergtier bewegt sich
richtig, so daß es nicht den Berg herunterfällt. Also muß auch das, was das
Bergtier hierzu im Kopf hat, ein Wissen sein. Auch das Tanzenkönnen,
athletisches Können muß Wissen sein. Ich denke, daß alles dazugehört, was uns
in bestimmten Bahnen handeln läßt. Und alles, was Geschehnisse bei uns im Kopfe
hinterlassen haben. Diese Sachen sind also im Kopf eines Subjekts, und nicht
auf Papier. Und auch nicht in mathematischen Formeln oder
naturwissenschaftlichen Gesetzen.
Für das alles weiß ich kein
Wort. Nun verwende ich dazu einfach die in der Umgangssprache vorliegenden
Wörter. Manchmal das Wort "Wissen", manchmal ein anderes. Ob es
angebracht ist, in dem Fall nur ein Wort für eine noch nicht bestimmte Sache zu
verwenden, weiß ich jetzt nicht. Dann jedoch muß ich aufzeigen, daß die Wörter,
die ich nicht dafür gebrauche, zum selben Brei gehören. In der Folge wird dies
öfters zum Vorschein kommen, und ich muß mich öfters dazu äußern. Übrigens wird
in der Sprache vieles nicht so genau genommen, hier ist also nicht eine von mir
erfundene Methode. Es geht mir jedoch darum, herauszufinden, wo das Genaue liegt,
was jemand aussagt, ob es in den Sätzen ist, den Wörtern, Geschichten oder
woanders.
Wenn also in diesen Texten
hier Wörter der Sprache verwendet werden, die sich angeblich in einem
theoretischen Raum der Begriffe befinden, so jeweils nur im ungenauen Sinne,
und nur aus didaktischen Gründen. Und weil es nicht so schlimm ist, diese
Wörter als Vaihinger-Fiktionen zu verwenden (Vaihinger hat die hier
vorausgesetzte Fiktionsart entworfen, bei dem die Fiktion nicht eine Behauptung
ist, sondern nur ein Hilfsmittel des Denkens, das nach dem Erkennen sozusagen
weggeworfen wird). Vielleicht wird es irgendwann möglich sein, ohne diese
"schlechten" Wörter als Fiktionen auszukommen, aber das will ich in
diesem Stadium nicht versuchen.
Von den Sachen zu den Wörtern,
nicht umgekehrt
Eine
Sache kann man nur kennenlernen, wenn man ohne ideologische oder sonstige
Voreingenommenheiten an sie herantritt. Sich ständig als unbeteiligten
Betrachter zu sehen, ist eine Voreingenommenheit. Wenn eine neue Sache gefunden
wird, geht es nur noch darum, dieser einen Namen zu geben, damit sie selbst als
Wort in der Erinnerung bleiben kann. Für die neue Sache kann ein neues Wort
gefunden werden, das es nicht gibt. Die Umgangssprache ist jedoch so
umfangreich, daß fast immer Wörter vorhanden sind, die schon von ihrem Klang
oder von den sie beinhaltenden Wörtern oder Silben irgendwie passen. Sie können
für die Sache, die genau gedacht werden kann, benutzt werden. Dieser Gebrauch
verstößt nicht gegen den ungenaueren Gebrauch desselben Wortes in der Sprache.
Es ist also keine Umdefinition gemacht, und auch keine Begriffsklärung.
Jedenfalls geht es dem allgemeiner Interessierten nicht darum, Begriffe zu
klären, um sich besser verständigen zu können, ihm geht es darum, die Welt so
zu sehen wie sie ist, und Gleiches als Gleiches zu erkennen, wobei Wörter nur
dabei helfen, beim nächstenmal nicht von neuem beginnen zu müssen.
Wer bei den Wörtern beginnt,
um eine Sache besser zu verstehen, hat viel zu tun. Mit einem Wort glaubt er
auch schon einen Begriff von einer Sache zu haben, und tastet sich approximativ
mit Definitionen, Wörtern und Sätzen an die Sache heran. Er wird den
Sachverhalt in immer anderen Gelegenheiten sehen, in immer neuen Formen und
Definitionsmöglichkeiten, so daß er nur hoffnungslos divergieren kann, auch
wenn er das nicht wünscht.
Ungenauigkeit der Umgangssprache
Wer die Umgangssprache
genauer gestalten will, wer für sie genauere Regeln austüftelt, mißachtet den
Vorteil, der ihr durch die Ungenauigkeit zuteil wird. Reichtum einer Sprache
ist insbesondere ihre Vielseitigkeit und die daraus folgende mögliche
Ungenauigkeit. Hier kann an Rechtschreibreformen gedacht werden, wo angebliche
wissenschaftliche Kriterien in die Umgangssprache eingebracht werden sollen.
Sprache regelt sich selbst, ihr kann schwerlich etwas aufgezwungen
werden.
Ist die Umgangssprache ungenau, oder kann man die Sprache nur ungenau,
also schlecht benutzen?
Insoweit in einer Sprache
alle Wörter benutzt werden können, die in ihr sind, ist sie wie eine Person,
die jedes Wort ernst nimmt. Es gibt in ihr weder eine Kontrollinstanz, noch ein
Zeichen bei denjenigen Wörtern, denen eventuell keine Sache gegenübersteht. In
diesem Sinne ist die Sprache ungenau. Weiter kann ich nur Beispiele der
Ungenauigkeit angeben. Daß ein Tisch im Deutschen männlich, im Französischen
weiblich ist, diese Vorurteile liegen wohl in der Sprache, hierzu ist die
Sprache ungenau. Ungenauigkeit ist oft synonym mit Offenheit.
Beispiele für Ungenauigkeit
bezüglich der verwendeten Wörter
Wenn Landsleute von ihrem
König sprechen, so ist es unter ihnen nicht schwer zu wissen, wer gemeint ist.
Und doch geschieht die Benutzung des Wortes von vornherein im ungenauen Sinne.
Wenn jemand über die Tätigkeiten eines Landespräsidenten berichtet, so kann es
sein, daß er sich eher sein Bild vorstellt als seine Funktion. Das Wort braucht
in dem Fall nicht kritisiert zu werden, es leitet sofort zu einem realen Bild
der Person über.
Wenn jemand mir sagt:
"Gib mir zuerst das Rote auf dem Tisch!", so brauche ich dieses Wort
nur ungenau zu verstehen, ich brauche keine Definition von Röte zu haben, ich
brauche auch nicht zu wissen, welcher Gegenstand denn rot ist, wenn ich ihn
sofort von anderen Gegenständen unterscheide, die nicht rot sein können. Das Wort
steht hier einfach für eine Vaihingerfiktion, die einen kurzen Moment vorkommt
und sofort ihre Schuldigkeit getan hat.
(13.6.2002)
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mit folgender Beschreibung: Über die Unmöglichkeit, etwas mit sich selbst zu
tun
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