Sachen

 

Wortfestlegung Sache, Sachverhalt, nur Sachen in der Welt

 

Sache ist was vorhanden ist. Eine Sache kann einfach nur ruhend vorhanden sein, sie kann auch gerade „aktiv“ auf andere Sachen wirken, sie verändern usw. Eine Sache kann sich in Szene setzen, wo sie noch vorher nicht war. Mindestbedingung für eine Sache ist, daß sie im Nebeneinander mit anderen Sachen irgendwie als solche eine Wirkung haben kann, eine Wirkung in der Natur oder in den Köpfen der Subjekte. Eine Sache ist nicht unbedingt etwas Materielles, es kann auch ein Sachverhalt sein, eine Begebenheit, eine Situation, ein Geschehen, ein Gegenstand, eine Eigenschaft, ein Zustand, ein vor den Augen sichtbarer geschriebener Satz, die Sätze eines Buches, eine physikalische Größe usw. Sache ist alles was umgrenzt ist. (siehe den Text „Grenzen“). Alle speziellen Lebewesen gehören zu den Sachen, als Körper sind sie unter anderen Körpern und sie unterliegen gleichen Bedingungen, z.B. der des Entstehens und Vergehens. Dies hier zu bedenken könnte so manche stören.

 

In der Umgangssprache gibt es viele Wörter, die hierfür benutzt werden können: Objekt, Sachverhalt, Umstand, usw. Hier sollen jedoch nur noch die Wörter Sache oder Sachverhalt in gleicher Bedeutung benutzt werden. Wann das eine oder andere, dann nur, weil das eine von der Sprache her eher passen kann. 

 

Sache ist schon in der Umgangssprache eine Variable im Sinne der Mathematik, es kann dies und jenes sein. 

 

Eine Sache kann aus anderen Sachen zusammengesetzt sein. Sachen können zusammengefaßt werden, und die Gesamtheit wieder als Sache angesehen werden. 

Nur Sachen in der Welt

 

Am liebsten würde ich an Demokrit erinnern, der sich die Welt ausschließlich vorstellte als eine Menge Atome, der Geschwindigkeit und der Eigenschaften dieser Teile. Hier nun werden zusätzlich physikalische Sachverhalte und auch andere Sachverhalte und Sachen zu diesem Weltverständnis hinzugedacht. In der Welt können die Sachen miteinander in Kontakt treten oder aufeinander wirken. Sachen können entstehen und wieder verschwinden. Jede Teil-Welt und jede Teil-Sache ist auch eine Sache (Rekursion). Und jede zusammengesetzte Sache ist eine Sache.

 

Sachen im Kopf?

 

Ein Wort ist auch eine Sache, eher auf Papier oder in den Schallwellen zu denken als in Köpfen. Und wenn ein Wort im Kopf eines Subjekts gedacht wird, so nur als Zustand, auch wenn nicht viel über diesen eventuell kurzen Zustand ausgesagt werden kann. Solche Zustände, die gemeinhin als Vorstellungen, Gedanken usw. bezeichnet werden, sind Sachen, die im Subjekt auftreten können. Wenn ein Tier vor einem anderen gefährlichen Tier wegläuft, tun die Bilder als Sache im sich fürchtenden Tier ihre Wirkung. So eine Wirkung geht auch von Sätzen aus oder von allen Änderungen im Subjekt, die es seit seiner Geburt erlebt hat. Die Sätze müssen jedoch aus der Erinnerung hervorkommen, bevor sie wirken. 

 

Fragwürdige Sachen?

 

Ein viereckiges Dreieck wird nicht als Sache angenommen. Allerhöchstens als der Zustand eines Subjekts zu einem Zeitpunkt, unabhängig davon, ob dieser Zustand durch das Vorliegen irgendeiner Sache verursacht wird. Deren Teilsachen können gegebenenfalls zwar als Sachen angenommen werden, nicht aber die Gesamtheit, die nach wie vor fragwürdig bleibt. Weil widerstreitende Sachen nicht so leicht vereint wahrgenommen werden können, widerstrebt es uns, ihre Gesamtheit als Sache anzunehmen, obwohl diese Gesamtheit zu denken möglich ist (z.B. zwei streitende Lebensgefährten).

 

Physikalische Größen sind Sachen

 

Eine physikalische Größe, wie z.B. die Temperatur, ist eine Sache. Wir sind vor vielen physikalischen Größen oft wie Blinde vor den Gegenständen, wenn sie gerade nicht ertastbar sind. Spätestens dann, wenn eine physikalische Größe meßbar ist, tritt sie in den sichtbaren Bereich ein, und wird im unsichtbaren Raum vorhanden gedacht. Wenn ein materieller Gegenstand fällt, und dadurch seine Energie erhöht, wird auch diese Energie eine Sache sein, die im zweiten Gegenstand Änderungen vollbringt. Etwas ungenau, aber richtig ist es, wenn man demnach sagt, daß ein Geschehen, etwas Dynamisches, eine Geschwindigkeit wirkt, und daß ein solches Geschehen selbst eine Sache ist. Ein Physiker, der seine Formeln benutzt, sieht die Geschwindigkeit genauso real an wie die Masse, die in Bewegung ist.

 

Sachen in einer Gesellschaft

 

Nun gibt es in Gesellschaften viele Individuen, die sich alle auf ein Wort einigen können. Dieses Wort verwenden sie dann, wenn sie vor bestimmten Sachen stehen. Und weil auf Wörter Taten folgen können, aus den Kräften, die ihnen assoziiert sind, und weil ihnen bei vielen Individuen viele Kräfte assoziiert sind, steht dem Wort fiktiv eine Wichtigkeit in der Gesellschaft gegenüber. Solche Wörter können mitsamt ihrer Wichtigkeit als Sachen in der Gesellschaft angesehen werden, sozusagen makrotheoretisch. Beispiele: die Wörter Staat, Ehe, Geld, Religion.

 

Ein Teil dieser Wörter mag Widersprüchliches vereint zu vorstellen geben, wie viereckige Dreiecke, trotzdem stehen diesen Wörtern Sachen in den Köpfen gegenüber. Und weil sie in so vielen Köpfen vorliegen, entsprechen ihnen gesellschaftliche Kräfte.

 

Die Welt der Sachen

 

Im Vergleich zu den zwei oder drei Welten, welche die Philosophie vorgibt (Materie, Ideen, Erlebnisse) wird hier nur eine Welt angenommen. Üblich ist es, mit Ideen zu hantieren, anschließend mit materiellen Objekten, wiederum in Gedanken. Es wird getan, als ob es selbstverständlich wäre, über die Sachen zu sprechen, die entsprechende fragwürdige Fiktion wird unbemerkt mitgeschleppt. Dieser Fiktion entspricht die Metapher, nach der man über den Sachen steht, sozusagen außerhalb der Welt ist, wobei man doch weiß, daß das so nicht ist. Es ist ein Kunterbunt, das wegen der Unbewußtheit diesbezüglich nicht intelligenter ist als der naive Realismus. Eine Karikatur des von Sokrates und Platon eingeführten Gedankenguts wirkt in diesem Denken mit.

 

Ein philosophisch Kundiger könnte fragen, ob die Sachen eher in der materiellen als in der Ideenwelt liegen. Die Antwort wäre, daß alles Materielle Sache sein kann, zuzüglich einiger Sachen, z.B. der physikalischen Größen, die für die Universalienrealisten in der Welt der Ideen liegen.

 

In der Literatur zur Geschichte unserer Vorfahren findet man oft, daß diese sich die Gedanken außerhalb ihrer selbst vorstellten, daß sie ihnen magische Mächte zudachten, und glaubten, sie beeinflussen zu können. In sogenannten religiösen Handlungen besteht diese Haltung immer noch. In der Wissenschaft wird noch theoretisch an dem Wissensgebäude gebaut, geändert usw. Auch diese Idee bezeugt, daß das Wissen immer noch außerhalb des Materiellen gedacht wird.

 

Sache und Ort

 

Wenn Sachen vorliegen, die an einem bestimmten Ort sind, so sind sie als Erklärungsmittel den Sachen vorzuziehen, von denen noch kein Ort angegeben werden kann. Die Frage, ob es Sachen gibt, die sozusagen überall sein sollen, wie es oft von den Naturgesetzen gedacht wird, muß jetzt noch beiseite gelegt werden. Wenn also jemand sagt, er habe ein Wissen, und dieses Wissen sei in einer Ideenwelt, so glauben wir ihm nicht, sondern sagen uns, daß er Sachen, Zustände hat, die sich mit der Zeit im Zusammenspiel mit seiner Außenwelt so bildeten.

 

(13.6.2002)

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zum nächsten Text: Lob der Ungenauigkeit ungenau.htm - Gewollt ungenaue Benutzung bestimmter Wörter: Über Sprache und Ungenauigkeit, Ablehnung vieler Wörter, die nur noch ungenau verwendet werden können, eine Methode

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