Gespräch mit Markus Schoor

 

Themen: Wissen, Solipsismus, Transzendenz

 

Markus Schoor ( www.CoachingAngels.de ) habe ich folgendermaßen über den Text "Wissen und Ähnliches" folgendermaßen informiert:

 

Ich erlaube mir, auf meinen Text "Wissen und Ähnliches" hinzuweisen. Darin geht es nur um eine einzige Fiktion, die beim Wissen, bei Begriffen, Sprache usw. ständig implizit vorausgesetzt wird. So frage höflich an, ob diese auch so gesehen werden kann. Außerdem frage ich, ob die Methode, die ich dagegen ansatzweise vorschlage, versuchsweise zumindest denkbar oder sogar nachvollziehbar ist. Bei dieser Methode geht es nicht um Begriffsklärungen, sondern darum, über das Vorher und Nachher der Wörter gemeinsam nachzudenken. Das Anwenden der Methode führt zu einer Denkweise, bei der ein Streit mit Wörtern, Sätzen und Satzmengen unwahrscheinlich wird, oder mit der die Stellen herausgefunden werden können, bei denen die Wege sich trennen.

Nach der Antwort von Markus Schoor hier nun das weitere Gespräch:

 

Ihr Brief hat mich sehr gefreut. Vieles denken Sie ein Stück weiter, und Ihre Herausforderung an mich, doch endlich Resultate zu präsentieren, ist völlig berechtigt. Sie versuchen sogar, in meiner Motivation herumzuwühlen, warum auch nicht. Ich glaube wirklich nicht zu denken, im umgangssprachlichen Sinne. Etwa im Sinne, in dem jemand sagt: "Wir wollen unseren Kindern vorexerzieren, was "denken" ist, damit sie das auch lernen." Und dazu noch: ich denke anders. Und das versuche ich mit Sätzen und den einigen Seiten zu präsentieren. Es geht nicht um die Überwindung des Solipsismus. Er ist und bleibt denkbar. Es geht mir mehr um Denkbarkeit als um Wahrheit und Wissen. Die meisten Wörter, die ich gebrauche - und ich wage zu sagen, die irgendjemand sagt - sind nur ungenau zu nehmen.

 

Der ganze Gedankengang spiegelt Ihre einführenden Worte zum Thema Solipsismus auf Ihrer Einführungsseite wieder. "Wissen" ist in der Tat eher ein "Phänomen" als ein Begriff, (richtig) weswegen üblicherweise jede Wissenschaft dieser Diskussion ausweicht. Ein pikantes Thema.

 

Dennoch vermisse ich am Ende einmal wieder Ihre Resultate.

 

Ich auch, will aber nichts überstürzen, die ersten Resultate werden bald in einem Text über die Wörter vorkommen. Derjenige, der die Texte dann alle nachvollziehen kann, wird auch Zweifel an seinen Wortmetaphern haben, ebenso wie an seinem Wissen.

 

Außerdem möchte ich fragen, ob die vorgeschlagene Methode, die im Brief angesprochen wird, kein Resultat ist. Sicher ist sie nicht neu, aber ich nutze sie systematisch, sehe alsdann alles mit einer neuen Brille, und komme dazu noch damit voran.

 

Andererseits ist ja nur höchstens ein Fünftel meiner Sachen aufbereitet und überhaupt vorzeigbar. Vielleicht kennen Sie das Mahlerlied, in dem "Die Gedanken sind frei" vorkommt. Diesen Satz nehme ich wörtlich. Und bin seit langem in etwa bei einer Theorie, in der die Gedanken nicht umherfliegen, sondern als Zustände gedacht werden können, die kommen und gehen, Eigenschaften haben, eventuell jeder für sich an einem Ort im Kopf ist. Sicher kann auch das Wort Gedanke mit Gefühl oder anderen umgangssprachlichen Wörtern ersetzt werden. Hierüber diskutiere ich nicht, arbeite mich aber mit meinen Texten dahin zu. Jetzt wissen Sie schon zu viel!

 

Offenbar wird Ihre Beschäftigung mit dem Thema aus der Hoffnung nach Überwindung des Solipsismus - (nein) gespeist, jedoch am Ende bleiben Sie doch wieder distanziert, statt sich auf die offensichtlichen Ergebnisse Ihrer eigenen Analyse einzulassen. Warum? Trauen Sie Ihrem eigenen Denken am Ende doch nichts zu? Oder können Sie prinzipiell nichts vertrauen, was nicht "bewiesen" ist?

 

Ja ich kann nichts vertrauen, was nicht nachvollziehbar (denkbar) ist. Vielleicht sehen Sie Ergebnisse, die ich nicht sehe.

 

(Obwohl Ihr Zugang solche Beweise ohnehin sicher ausschließt)

 

Richtig

 

Offenbar sehnen Sie sich danach, daß Ihr Denken, welches ständig nur glaubt zu denken, auch irgendwie eine "Erdung" erfährt.

 

Ja und nein. Ich glaube irgendwie, daß die Sätze alle geerdet sind, die meinen, die Ihren, und die aller anderen. Das ist eine Frage der Kausalität. Die Sätze, Wörter usw. kommen nicht aus den Wolken.

 

Vermutlich werden Sie jetzt versucht sein zu sagen, daß wir noch nicht einmal sicher wissen, ob wir uns tatsächlich sehnen.

 

Nein, das wäre ich nicht versucht zu sagen, andererseits läuft dieses "sehnen" ständig mit, und dieses ist offen.

 

Aber haben Sie wirklich das Gefühl, es käme darauf an, etwas sicher über die Welt zu wissen?

 

Nein

 

Meine Behauptung: Alles was wir brauchen haben wir in uns.

 

So wie die Stoiker, oder so wie die Mystiker, oder so wie ...?

 

Was Sie erneut mit Ihrer Analyse bewiesen haben ist; daß Denken, ja sogar Wissen, tautologisch ist. Inwiefern könnten wir Menschen diese Welt verstehen, so daß gerade dies sinnvoll wäre? Bateson nannte es "ein sich selbst heilende Tautologie".

 

Das kann sein, er ist mir aber mysteriös, dieser Satz in Anführungszeichen.

 

Das könnte bedeuten, daß diese Welt beispielsweise nur ein Simulation ist. Dass wir, wenn wir in ihr plötzlich und ohne Vorwarnung erwachen, eigentlich in einem Simulator erwachen.

 

Siehe oben: Möglichkeit des Solipsismus.

 

Das würde aber auch bedeuten, daß wir am besten unsere Zeit damit verbringen, viel Spaß und Abenteuer in dieser Welt zu haben.

 

Ein von mir nicht nachvollziehbarer Schluß.

 

Vielleicht sind wir garnicht distanziert, sondern einfach nur unwissend. (Die Evolution basiert praktisch ständig auf der Unwissenheit der Beteiligten, warum sollte das bei uns anders sein. Vielleicht mißbrauchen wir einfach das Denkwerkzeug?) Vielleicht sind wir einfach und das Dasein erschließt sich aus sich selbst.

 

So ähnlich muß es wohl sein.

 

Vielleicht bin ich mal wieder irgendwo "lost in space", weil ich bestimmte Elemente Ihrer Gedankengänge nicht verstanden habe, aber mich würde interessieren, wie Sie nach  diesem Denken sich vorstellen könnten, wie wir sind und wo wir sind.

 

Wieder wie oben: der Solipsismus ist eine Möglichkeit. Die andere, wie wir uns sonst vorstellen, innerhalb eines Schicksals, oder auch in anderen Umständen, das alles sind andere Möglichkeiten, uns zu denken. Egal ob das jetzt poetische Möglichkeiten sind oder wissenschaftliche. Alle diese Denkmöglichkeiten stehen nebeneinander. Warum sollte ich mich für eine entscheiden, da doch alle zweifelhaft sind. Selbstverständlich setze ich mich der Gefahr aus, als Skeptiker zu gelten, was wiederum kein Volltreffer wäre.

 

Sind wir beispielsweise materielle Wesen? Oder eher spirituelle, transzendente Wesen in einem materiellen Simulator?

 

Alles das ist möglich. Und wenn die Unterscheidung materiell/spirituell in gewissen Zusammenhängen sinnvoll ist, so sind sie doch oft miteinander verflochten, und es gibt Sachen, von denen nicht so recht gesagt werden kann, ob sie so oder so sind. Und wenn wir in einem materiellen Simulator wären, so wäre die gedachte Transzendenz ja sowieso nur von den Wesen gedacht, in den Wesen, und ich zeige ja, daß dies für uns, wenn wir nicht in einem Simulator sind, doch auch nicht anders sein kann.

 

Hoffe ich konnte Sie ein wenig anregen....wir sind zweifelsohne sehr verschieden, denn für mich ist philosophieren nur ein Teil eines lebendigen Stroms von ständigem Wachstum meiner selbst.

 

Wenn Sie erkennen, was für eine Metapher das ist, und wie es um Metaphern bestellt ist, dann kann ich diese auch nicht verwerfen. Aber ich bin nicht über diesem Strom, daß ich mich als ein Wesen darin sehen könnte. Da hätte ich eben das Problem der Transzendenz. Ich steige nicht über mich hinaus.

 

Ich weigere mich, das Denken allzu ernst zu nehmen.

 

Das tue ich ebenso.

 

Ich vermute allerdings, daß wir das köstliche Vergnügen unseres Gedankenaustausches - oh, je - wieder ein Wespennest - nur der Existenz von Parallelwelten verdanken. Offenbar ist "Wissen", welches seine Entstehung eines Denkens über gemeinsames Handeln verdankt, eine Art Schokoladenriegel, den wir von einem in die andere Welt verschieben können.

 

Diesem Vergleich schließe ich mich gerne an, wenn "Parallelwelt" nicht allzu genau genommen wird. Das Gegenüber als Parallelwelt. Die Umgebung als Parallelwelt. usw. - alles verschieden.

 

Allerdings ist es möglich, daß Sie es für etwas anderes halten, und Sie es ganz anders wahrnehmen.... Vor ein paar Tagen entdeckte ich den Beweis, daß es tatsächlich eine gemeinsame "Sprache" aller Menschen gibt..,,,,, Sprechen, Schreiben, Wissen, Sinn alle diese sind aus diesem einen gemeinsamen abgeleitet. Es gibt also einen Ursprung von allem Sinn, der stets in jedem Versuch der Kommunikation, also auch in seinem Mißlingen gegenwärtig bleibt. .....

 

Ich glaube nicht an eine gemeinsame Sprache. Das dürfte schon aus meinen Texten herauszulesen sein. Und ich suche diese auch nicht. Die angebliche gemeinsame Sprache ist ja der transzendente Raum, der alles klare Denken erschwert, und alles Nachvollziehen. Eine Gegenfrage: Glauben Sie auch, daß es eine gemeinsame Musik gibt? Wenn Sie sich letztere nicht vorstellen können, oder wenn diese Wendung "gemeinsame Musik" Ihnen nicht brauchbar erscheint, so stellen Sie sich bitte vor, daß ich die Wendung "gemeinsame Sprache" analog dazu sehe.

 

Als Frick und Eigen den genetischen Code entdeckten, dachten Sie, sie hätten den Ursprung aller sinnhaften Konstruktion entdeckt. Aber das ist ein Irrtum gewesen.  

 

Kann sein. Ich glaube auch nicht an Sätze wie "Alle Information zum Leben steht in den Genen". Obwohl der Satz nicht ganz falsch sein kann, kann er auch nicht ganz richtig sein. Etwas anderes: Ich gehe auch nicht auf den Pfaden der Gehirnforscher.

 

Ach, jetzt bin ich aber richtig ins Plaudern  gekommen, sorry....

 

19.7.2002

 

zur Übersicht: www.weltordnung.de 

© Joseph Hipp