Verst gegen den Erfolg bei einem zu lernenden Text, oder einem Text allgemein

a) Verstoß gegen den Text allgemein

Es können Regeln aus dem Bereich der Hermeneutik gedacht werden. Angenommen A hat Schwierigkeiten, den Inhalt eines Textes zu verstehen, so kann er andere fragen, wie sie den Text lesen. Bei Gesetzestexten soll das verstanden werden, was aus dem Gesetzestext hervorgeht, es darf nur in seltenen Fällen berücksichtigt werden, warum der Gesetzgeber diese Gesetze schrieb. Es wird also davon ausgegangen, dass er sie so schrieb, dass sie auch verständlich sein sollten, dass sie sozusagen perfekt sind. Für die Perfektion gibt es sogar Kriterien:

»Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.« — Antoine de Saint-Exupéry

Daraus folgt schon etwa das Verbot der Ignoratio Elenchi
https://de.wikipedia.org/wiki/Ignoratio_elenchi
„Dabei wird eine andere Behauptung bewiesen als die zur Debatte stehende; das Argument verfehlt das Thema. In einer
ignoratio wird also ein gültiger Beweis für eine Behauptung geliefert und dabei unterschlagen, dass es sich um eine andere als die ursprünglich zu beweisende handelt („Fallacy of Irrelevant Conclusion“[3])“

Wenn also ein Text vorgeschlagen wird, und gesagt wird: „Ich interessiere mich nur daran, ob das Resultat des Textes richtig oder falsch ist, nicht jedoch an der Herleitung des Resultates, und deswegen rede ich von einer ganz anderen Sache.“ Dann ist demjenigen nicht geholfen, der den Text verstehen will.

Das Verbot der Ignoratio Elenchi liegt nicht nur bei Texten vor, es gilt auch für Zeugen vor Gericht: Sie dürfen nichts weglassen und nichts hinzufügen.

Redundanz ist ein wichtiger Aspekt bei der ignoratio elenchi. Denn jedes Überflüssige, Fremde, was zum Text gesagt wird, wenn es beachtet wird, verhindert das Verstehen des ursprünglich vorgeschlagenen Textes. Ein „Red Herring“ hat es gerade darauf abgesehen:

Ein Red Herring ist eine ignoratio elenchi, bei der die Absicht ganz im Vordergrund steht, den Diskussionsgegner bzw. das Publikum über eine Unsachlichkeit von der eigentlichen Frage abzulenken.

Beim Argumentieren bedeutet der Gebrauch eines Red Herring, dass eine Debatte von einem Thema auf ein anderes, damit eventuell in Beziehung stehendes Thema gelenkt wird, so, dass es aussieht, als sei das verwandte Thema für das erste relevant, aber in erster Linie doch, um vor der Notwendigkeit auszuweichen, sich mit der Hauptsache oder mit Kritik zu befassen.“

So weit muss es jedoch nicht gehen, oder noch weiter:

https://de.wikipedia.org/wiki/Whataboutism

Whataboutism (von englisch What about …? „Was ist mit …?“, und -ism „-ismus“) bezeichnet ein rhetorisches Ablenkungsmanöver, bei dem eine kritische Frage oder ein kritisches Argument mit einer kritischen Gegenfrage erwidert wird, um von einem unliebsamen Gesprächs- oder Diskursgegenstand (Thema) abzulenken.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Ignoranz

Ignoranz, Unwissenheit oder Missachtung zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person etwas nicht wissen will oder nicht beachtet (missachtet).“

In einem Beispiel mahnt Epiktet im Handbüchlein Absatz 45 an:

Einer badet früher, als es gewöhnlich ist; sprich nicht: »er tut übel daran«, sondern: »er badet früh.« Einer trinkt viel Wein; sage nicht: »er handelt unrecht«, sondern: »er trinkt viel.« Denn woher weißt du, daß er unrecht handelt, bevor du seine ihn bestimmenden Gründe kennst? Dadurch wirst du es vermeiden, nur von einem Teile der Dinge deutliche Vorstellungen zu haben, andern aber blindlings zu folgen.“

b) Verstoß gegen den Wortgebrauch

Die Textanalyse kann damit beginnen, die Wörter des vorliegenden Textes aufzulisten, mit deren Frequenz. Denn die Korrelation der wichtigen Wörter und der oft vorkommenden Wörter ist spätestens seit den Suchmaschinen bekannt. Weiter kann noch einmal gefiltert werden, was denn wirklich wichtig im Text ist. Und es kann gedacht werden, zu welchen Sachen die Wörter verwendet werden. Diese Ergründung kann angefordert werden, oder gesucht werden, wenn der Autor nicht vorhanden ist, oder wenn er keine Zeit hat. Anders wäre die Regel etwa: Siehe jedesmal, wenn du ein dir wichtiges Wort verwendest, ob dieses Wort auch im Text vorkommt, oder gar als wichtiges angesehen wird.

Es wäre schon wertvoll, die Wörter und Sätze und Teile des Textes korrekt zu lesen, und auch keine Wörter hinzu zu fügen. (Vorhin wurde gegen den Text verstoßen, indem Sätze oder gar längere Texte und Beispiele hinzu gefügt wurden.)

Ein Verstoß ist es, wichtige Wörter des Textes in andere wichtige Wörter des eigenen Sprachgebrauchs oder des allgemeinen Sprachgebrauchs zu übersetzen, oder gar zu negieren, dass ihnen nichts gegenüber steht. Auch das versuchsweise Übersetzen ist nicht erlaubt.

c) Verstoß gegen das Textverstehen aus einer Sitte oder Unsitte heraus

In unserer Zeit hat jeder ein Recht auf einen eigenen Zusatz, er wird sogar aufgefordert, zu vielem eine Meinung zu haben, und dafür bedarf es der Meinungsbildung. Ob dabei jedoch eine Bildung im üblichen Sinne geschieht, ist eine offene Frage. Angenommen in einer Schulklasse hätte jeder Schüler schon eine Meinung, zudem das Recht, sie zu äußern. Was wäre dann?

Bei dieser Sitte ist es sogar geboten, eilige Schlussfolgerungen zu ziehen und diese als eigene Meinung vorzutragen.

Bei diesem Beispiel übersetzt der Leser Wörter in die Wörter, die er gebraucht, und im Anschluss bejaht oder verneint er Sätze, verwirft ganze Absätze. Und er erfindet Beispiele für den Text, den er falsch verstanden hat, und setzt Gegenbeispiele dazu, mit denen er den gesamten Text dann verwirft. So bleibt er stehen, er verhindert sich selbst den Zugang zum Text. Womöglich bringt er es fertig, dass andere ihm folgen, und das dann entsteht eine Kakophonie im allgemeinen Sinne oder gar Streit.

d) Im Phaidros kritisierte Sokrates einen Text. Es wäre für einen Beflissenen eine Aufgabe, heraus zu finden, ob er ihn korrekt kritisierte. Denn obwohl die oben genannten schlechten Vertöße gegen Texte möglich sind, dürfte es auch gute geben.

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