Sätze ohne Person, welche sie äußerte?

Dies scheint absurd zu sein. Ich erinnere mich, dass es einen Archäologenprofessor gab, der die Herkunft der Fossilien nicht verstand, und den Studenten dann immer sagte, es seien Zufallsobjekte. Und irgendwann fand er einen Stein, auf dem sein Name war. Nun erst kam der Professor weg von seiner ersten Erklärung, das war ihm dann doch zu viel des Zufalls. Wenn es goldene beschriebene Platten gewesen wären, auf denen die Sätze vorhanden gewesen wären, hätte er eher noch an Extraterrestrische oder an Gott als Urheber gedacht, als dass sein Name zufällig dorthin kam.

Daraus folgt: Immer wenn Sätze vorhanden sind, wird gedacht, dass jemand sie vorher schrieb.

Umgekehrt gibt es Sätze, die irgendwo stehen, und niemand kann sie verstehen oder sogar niemand sieht sie als Sätze an. Also ein Mindestkriterium ist, dass die Sätze gelesen werden können, das nächste, ob sie für den Leser etwas in seiner Erinnerung bewirken, was er in seiner Vergangenheit erlebte.

Vor den Sätzen gibt es jedoch zwei Vorgehensweisen, hier in Situation1 und Situation2 vorkommend, als Festlegungen für den Betrachter. Hierzu gebrauche ich folgende Definitionen:

S: Sache, Satz, Geschehen

P: Person vor der Sache

U: S von einer Person P bemerkt.

D: das Denken der Person P in der Folge, also nach Wirken von S auf P.

W: Der Satz, der in der Folge von P geäußert wird.

Z: Zusätzliche Äußerungen von P

B: Der Betrachter von S, P, U, D, W

Situation1

B denkt nur S und W.

Der Betrachter denkt also zwei Sachen, nämlich die Sache und noch den Satz zur Sache, alles andere läßt er. Der Betrachter läßt die Person in Ruhe und versucht nicht herauszufinden, was die Person bemerkt und dazu denkt. Er beachtet die Person nicht einmal. Alles das interessiert ihn nicht, oder er hebt es für später auf. B negiert die Existenz von P nicht, aber er geht nicht von dieser Existenz aus. Er vermutet, dass etwas in der Person geschieht, auch das übergeht er, auch dass sie etwas erlebt. Hier scheint ein Sprung vorzuliegen, weil es direkt von der Sache zu den Sätzen zur Sache geht, die Person mit ihrem Erleben, Denken und Fühlen wird übersprungen. Der Betrachter lebt mit einer Abstraktion oder in einer Epoché (https://de.wikipedia.org/wiki/Epoche_(Philosophie), jedoch nicht im Sinne der Enthaltung von Urteilen, sondern sogar des Denkens. Epoché und Abstraktion ist in dem Sinne eine negative Fiktion. Oder aber wie bei den Ökonomen ein Cetris Paribus, dh. alles andere wird als gleich fixiert gedacht.

Der Vorteil der Methode ist, Sätze zu einer Sache zu prüfen, ohne gleichzeitig zu sagen, dass eine Person sie sagte, und was sie dabei dachte. Mit der Methode würde der Betrachter sagen: Der Satz zur Sache kommt direkt von der Sache. Es ist dessen Beschreibung. Dann wären die Sätze sozusagen an die Sache gebunden, an der Sache, und zumindest würde eine Kausalität direkt von der Sache ausgehen, zum Satz. Der Satz würde von der Sache bewirkt werden.

Wenn die Person noch etwas dazu fügen würde, bevor sie den Satz äußert, dann könnte nur ein Fehler entstehen. Dieser Fehler entspricht vermutlich nicht dem Fehler, der als Messfehler bekannt ist. Wenn mehrere Personen einen Satz sagen, kann der gleiche Fehler vorliegen, denn alle können sich irren. Das Denken von U und D könnte den Satz verfälschen. Mit dieser Methode würde und müsste von der Person abgesehen werden, um die Sache U klar zu denken.

Als Dialog

A
Hier stehen Sätze, und es ist mir egal, wo sie her kommen, wer sie sagte, wie sie entstanden, und vieles andere mehr, ich sehe von der Kausalität ab.

B
Du meinst also, dass es Sätze gibt oder geben kann, die nie jemand gesagt hat, die aber trotzdem da stehen.

A
So ist es.

B
Dann gibt es zwei Möglichkeiten. 1. Du irrst dich mit deiner Annahme.

A
Du meinst, dass trotzdem jemand da sein muss, der die Sätze schrieb, und ich habe seine Präsenz nicht gemerkt, oder so ähnlich?

B
So ist es.

A
Was ist die zweite Möglichkeit, bei der jemand so sprechen kann wie ich?

B
Es ist völlig in Ordnung, wenn du von einer Sache absiehst, dafür werden Wörter verwendet wie Abstraktion, Ceteris paribus, Annahme in einem Teil eines Gedankenexperiments, Annahme in einem indirekten Beweis. Es ist Annahme-Freiheit, wenn auch nicht Narrenfreiheit.

A
Uff!

B
Um die Sache, von der du sprichst, übersichtlich vor sich zu haben, schlage ich die fett markierten Definitionen auf der linken Seite dieser Tabelle vor.

Nun gehst du hin, und sagst:

Ich sehe nur den Satz S, aber ich weiß nicht, wie er dahin kam. Ich habe keine Person, auch nicht P gesehen. Und wenn ich sie gesehen hätte, hätte ich kein Interesse an ihr.

A
Es freut mich, das zu hören.

B
Dieses Abstrahieren von der Person, welche den Satz schrieb, ist für die Juristen und Hermeneuten üblich. Sie wollen den Satz verstehen, sie machen sich zur Regel, nicht herauszufinden, was die Person dachte, die den Satz schrieb. Sie wollen das von vornherein nicht. Und wenn sie den Satz verstehen, können sie ihn anwenden. Wenn sie ihn nicht verstehen, können sie sich eventuell sekundär am historischen Zusammenhang, aus dem heraus der Satz entstand, interessieren.

A
Sie denken aber W, denken alles andere nicht, und sind sofort bei S.

B
Richtig. Es bedarf nicht mehr der Person P, wenn der Satz S genau dem entspricht, was der Leser z.B. gleichermaßen erlebt hat wie P.

A
Und deswegen genügt es, bei den Sätzen zu bleiben. Danke, das habe ich jetzt verstanden.

Dieser Situation1 entspricht die Vorgabe an die Zeugen in einem Prozess, nach der sie nur das sagen sollen, was sie von der Sache allein erfuhren, und zusätzlich nichts anderes dazu fügen, etwa was sie dachten oder im Nachhinein hörten. Sie sollen in Raum und Zeit des interessierenden Geschehens erzählen, nicht jedoch was nachher geschah.

Situation2

Auch hier wird von etwas abstrahiert. Bei der Situation1 wurde der Satz geschrieben:

Der Satz zur Sache kommt von der Sache. (A)

Bei den Naturgesetzen soll gedacht werden:

Die Sache kommt direkt vom Satz. (B)

Also insgesamt: Die Sache bewirkt einen Satz und der Satz bewirkt eine Sache. Wenn beide Sachen dieselben sind, liegt ein Zirkel vor.

Wenn eine Person lernt, entsteht bei ihr der Satz, nach Denken der Sache.

Wenn ein Satz vorliegt, wirkt er direkt auf die Sache, wenn es ein Naturgesetz ist.

Von vornherein sind Gesetze, ob von Personen geschrieben werden oder nicht, zuerst Sätze. Personen nehmen das Wort Gesetz an, wenn sie davon ausgehen, dass von diesem eine Wirkung ausgeht oder ausgehen soll, und führen dann ein weiteres Wort ein, nämlich das Wort Moral. Nun wissen sie, dass die Personen diese Sätze manchmal beachten, manchmal nicht. Und dann finden sie, dass es Sätze gibt, die nachprüfbar immer beachtet werden, zwar nicht von Personen, aber dann doch in der Umgebung. Aber auch hier merken sie, dass es Ausnahmen geben kann, und suchen dann nach besseren Sätzen, die wiederum fiktiv auf das Naturgeschehen wirken. Aber wer befiehlt sie? Das ist die Frage. Denn hier wird die Person, von der bei Situation1 abstrahiert wurde, einfach als nicht anwesend angenommen. So antwortete der bekannte Wissenschaftler auf die Frage des Studenten, wo denn Gott in alledem, was er lehrte sei: "Diese Hypothese brauchen wir nicht". Und wenn so eine Person versuchsweise hinzu gedacht würde, dann würden ganz spezielle Sätze gesagt werden können, nämlich diejenigen der Okkasionalisten.

Als Dialog

A
Sätzen kann man gehorchen.

B
So ist es.

A
Nun gehe ich davon aus, dass Sätze wie ich hier oben geschrieben habe, geben kann, wobei ich von der Person abgesehen habe, so dass die Person wegen der Abstraktion (als negative Vaihinger-Fiktion) nach der Rechnung oder dem Denken herausfällt.

B
Einverstanden.

A
Nun gehe ich aber ein Stück weiter. Ich habe den Satz herausgefunden: Wenn ich den Satz X sage: Meine Tasse ist leer, dann schüttet mir mein Personal Kaffee in die Tasse. Es ist fast immer der Fall, dass ich nach dem Sagen des Satzes eine Tasse Kaffee bekomme. Es ist mir egal, wer den Kaffee bringt, ich merke, dass das meist der Fall ist. Vielleicht schüttet der Kaffee sich ja auch automatisch ein, so wie ein Wasserregler es tut, der einen Behälter immer wieder füllt. Es ist mir dann egal, ob es eine Person tut oder nicht, es geht sogar ohne Sagen eines Satzes.

B
Dann ist es so, als würde

1. Dein Wunsch nach dem Sagen des Satzes erfüllt werden, du brauchst nicht an die Person zu denken, weil immer eine Person da ist, oder weil alles automatisch geschieht. Dann wäre es so, als würde der Automat deinen Wunsch vom Mund ablesen, ihn verstehen, oder gar deine Wünsche direkt zu lesen und ohne Umweg zu realisieren.

A
Das ist bei den Naturgesetzen der Fall. Es ist so, als ob die Sachen den Sätzen gehorchen, die ihnen vorliegen.

B
Richtig. Hier wird völlig von der vermittelnden Person abstrahiert.

Zeitgleichheit

Im Satz (B) scheint eine Zeitgleichheit zu bestehen, im Satz (A) hängt es mit der Abstraktion von Situation1 ab, ob eine Zeitgleichheit gesehen wird. Bei B wird die Zeitgleichheit explizit gedacht. Bei A bedarf es der vorgegebenen Abstraktion. Wenn die Person sagt: "Ich weiß, dass die Sache so und so ist.", dann geht sie davon aus, dass das Sosein an der Sache ist, also von einer Zeitgleichheit des Satzes und der Sache.

Aber in beiden Fällen musste die Anwendung der Abstraktion nicht zu einem Fehler führen. In beiden Fällen wird der Ursache-Wirkung-Modus angenommen, vom einen zum anderen.

Wenn der Betrachter in Situation im Nachhinein die angewendete Abstraktion fallen läßt, dann besteht keine Zeitgleichheit mehr, und es kann auch kein Wissen mehr geben. Nur dann, wenn die Situation2 für denselben Satz zutrifft, dann ist die Zeitgleichheit zwar extern vorgegeben, aber das hat nicht zur Folge, dass auch die Zeitgleichheit bei Situation1 gegeben war.

Hier schließt sich die Frage nach dem an, was denn eine Heuristik ist. Und die Frage, ob die Suche nach dem, was mehr als Heuristik sein könnte, bzw. ob es denn mehr als Heuristik geben kann. Wissen wäre das, was mehr als Heuristik wäre. Nur ist es in beiden Fällen egal, ob Heuristik oder Wissen, in beiden Fällen sagt die Person, dass sie die Sätze, die sie zu einer Sache machen kann, von der Sache hat, oder dass sie diese aus der Sache heraus holen kann. Sie denkt entweder, dass die Sätze bei der Sache sind, dass sie über den Umweg durch sie von ihr geschrieben werden können. In Wirklichkeit hat die Sache bei der Person etwas hervorgerufen, das einem Betrachter auffällt, nämlich, dass die Person sich freute, und sozusagen ausschrie: Eureka (1), in den obigen Definitionen als Z vorkommend. Darauf hin kann die Person Sätze zur Sache sagen, wenn sie die Fähigkeit zur Satzmachung hat. Danach können diese Sätze immer wieder von der Person wiederholt werden, und die Person kann denken, dass die Sätze der Sache den Befehl geben, so zu sein wie sie ist. Das scheint ein Wahnsinn zu sein, also statt Eureka hätte ich vorhin ausschreien können: Wahnsinn!

Trotz allem und gerade wegen der Wirrnisse dieser zwei Sachen abstrahiere ich in der Folge oft von der Person. Und doch bleibe ich dabei, dass das Primat für die Person das Denken ist. Dies scheint wiederum eine Unlogik zu enthalten, eine unerlaubte Abstraktion oder was auch immer. Nur ist seit Hans Vaihinger bekannt, dass nicht nur mit Abstraktionen sinnvoll gedacht werden kann, sondern dass sogar mit Fiktionen gedacht werden kann, deren Ursprung zweifelhafter Natur ist. Wenn diese zum Denken hinzu gefügt werden, kann es zu einem Resultat kommen, ohne sie nicht. Ob sie nach dem Denken wegfallen oder weg fallen müssen, um erlaubt zu sein, ist eine Frage, die Vaihinger hoffentlich beantwortete.

Eine weitere Analogie zur länger praktizierten Abstraktion bzw. zum Anwenden einer Fiktion geht aus Obigem hervor: Immanuel Kant stellte dem kausalen Ablauf von Geschehnissen das Denken gegenüber, das in der Person geschieht. Hier dachte er an einen Willen als Verursacherstelle, dort an die Voraussetzungen, auf welche die Naturgesetzmäßigkeiten folgten. Dies wird immer noch, wenn auch mit anderen Wörtern so angenommen. Das kritisierte ein Gilbert Ryle mit seinem Ausspruch der Wendung des Geistes in der Maschine.

Bemerkung 1

Was hier oben zu einem Satz S geschrieben steht, beziehe ich gleichermaßen auf ein Wort oder einen Text, zudem auf andere Einheiten und Kompositionen, etwa von Bildpunkten über Bilder zu Filmen. Es können auch mehr Stufen als drei gedacht werden. Nur aus didaktischen Gründen gehe ich von Wörtern, Sätzen, Texten aus.

Bemerkung 2
Da ich allgemein und immer von Sachen ausgehen, ist auch eine Situation eine Sache, nur um keine Verwirrung zu stiften, musste dort das Wort Situation genommen werden. Extensionale Definition für Sache: Wort, Satz, materieller Gegenstand, physikalische Größe, Regel, Tier, Formel usw.

Zu (1): Denke hier an Helen Keller, als sie das Wort Wasser erstmals "haben" konnte.

Weil Sache von vornherein alles Beliebige sein kann, ist das Obige doch auf das Spezielle anzuwenden, nämlich auf Sätze. Wenn also ein Satz da ist, muss gefragt werden, wie er entstand. Und wenn er die Form eines Naturgesetzes hat, braucht die Person nicht angegeben zu werden, die diesen durchsetzt, also wirken lässt. Das verhindert aber nicht, herauszufinden, wo und wann dieser Satz zuerst in Schriftform vorhanden war. Denn er wurde hergestellt, zuerst als Vermutung, er konnte auch hergestellt worden sein, mit komplizierten Rechnungen. Und die entsprechende Entstehungsgeschichte kann aufgezeichnet werden. Die Anwendung des Satzes als Algorithmus, um die Sache herzustellen, muss bekannt sein. Sie muss aber kein Interesse daran haben, wie der Satz gefunden wurde bzw. entstand.

Wenn die Sache jedoch ein Wort war, dann ist alles anders. Ein Wort allein genügt nicht, weil ein Wort nur ein Teil für Sätze ist. In so einem Fall muss Wort und Sache gleichzeitig vorliegen oder aber beide müssen bei der lernenden Person von einer anderen verbunden werden. Die Person selbst müssen also mindestens zwei Sachen vorgelegt werden. Es genügt hierzu nicht das Wort allein. Das Wort Spunk, das anfänglich der Pippi Langstrumpf einfiel, war vorhanden, es fehlte die Sache. Ein Wort genügt nicht, bis eine Sache für das Wort gefunden wird. Und offensichtlich ist für eine Sache ohne Wort kein Platz in einem Satz.

Bei einer extensionalen Definition werden verschiedene Sachen vorgelegt, und für alle diese soll dann ein Wort nutzbar sein. So etwa das Wort Mensch. Dies Sache wird anderswo dargelegt. Siehe hierzu den Unterschied zwischen Definition und Begriff.

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