Personen vor/mit derselben räumlichen Sache

Voraussetzung

Personen A und B sind vor einer räumlichen Sache, die sich nicht bewegt, und A und B sich nicht bewegen. A und B sind nicht an derselben Stelle, es erübrigt, das zu schreiben, denn wie könnte es anders sein. Es kann auch ausnahmsweise sein, dass A in der Sache ist, die Person außerhalb von der Sache, das kann zusätzlich zur Wendung "vor der Sache" gesagt werden. Hier folgen drei Beispiel-Arten, dann ein praktisches Beispiel.

1. Das Aspekte-Beispiel

Eine räumliche Sache kann mehrere Seiten haben, im Allgemeinfall ist es so, denn wie könnte es anders sein. So kann sie von mindestens einer Seite her anders gesehen werden. A sagt einen Satz zur Sache, B ebenfalls, aber einen anderen. Nun können beide zu streiten beginnen. Ein Betrachter der beiden sieht jedoch, dass beide die Sache richtig beschrieben haben. Das Wort Perspektive statt Aspekte wäre gleich gut nutzbar, denn beide beziehen sich auf das räumliche Sehen. Im Sprachgebrauch wird das Beispiel jedoch auch auf nicht-räumliche Sachen und Personenteile übertragen. (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Perspektivismus)

2. Der erste oder zweite Blick

Wenn A eine räumliche Sache anders sieht als B, so gibt es die Möglichkeit, dass A nicht genau hingeschaut hat, B jedoch gründlich, und jeder sagt verschiedene Sätze wie im Beispiel vorher.

Das Phrasem "vorläufiger Blick" wird bei räumlichen Sachen gesagt, aber auch, wenn die Person in Bewegung ist, und anfänglich etwas anderes sieht als später, etwa einen Berg oder gar Wald.

Die gesagten Sätze sind trotzdem richtig sein. So denkt der Betrachter. Beim ersten Blick werden jedoch Teile der Sache nicht gesehen. Der Gründliche mag sich sofort ans Innere der Sache heran wagen, und die zuerst erschienenen Teile völlig übersehen. Auch er sieht die Sache nicht falsch, etwa weil er erfahrener ist. Liebe auf den ersten Blick wäre ein diesen Rahmen übersteigendes Beispiel. Ein Betrachter kann beide gesagten Sätze gut finden, nur kann er schon sagen, welcher von beiden einen vorläufigen Blick auf die Sache hatte, wer den gründlichen. Das wissen A und B von vornherein nicht. Mit dem Phrasem "hermeneutischer Zirkel" soll ein räumlicher Zugang zur Sache gedacht werden, so dass immer bessere Beschreibungen der Sache möglich werden.

3. Die verschiedenen Sinne

Es kann sein, dass A die Sache mit einem anderen Sinn bedenkt als B, so könnte A die Sache nur sehen, B sie nur abtasten. B könnte einen Satz zu einer für den Tastsinn auffälligen Stelle sagen, etwa "Die Sache ist rau." A jedoch könnte, weil er die Sache als Ganzes vor sich hat, sagen: "Die Sache ist groß." Ein Betrachter der beiden Personen würde die Sätze beider korrekt finden, und doch könnten beide streiten, weil sie andere Sätze sagen, und diese betonen können, den eigenen besser finden als den des anderen.

Fehlen der Sinne oder Hindernis vor der Sache bei A

In diesem Fall kann A keine Sätze zur Sache sagen, wenn ein Hindernis vorliegt, das bei B nicht vorliegt. So ist B gut dran, er kann einen Satz sagen, A jedoch nicht. Und auch hier können beide streiten, etwa wenn A sagt, dass B einen Satz sagt, und keine Sache dazu vorhanden ist. Der Betrachter jedoch sieht das Hindernis und die Sache. Problem ist es hier, dass das Hindernis vom Betrachter gesehen werden kann, und möglicherweise weder von A noch von B. Der Betrachter könnte das Hindernis wegnehmen, und es könnte sein, dass A und B dies nicht können.

Nebenbei bemerkt: B kann möglicherweise glaubhaft machen, dass die Sache da ist. Wenn A jedoch sagt: Die Sache wirkt nicht auf mich, also kann ich sie nicht als Sache existent annehmen, dann ist B mit seiner Glaubhaftmachung gescheitert. (Wenn nun A sagt, dass die Sache nicht existiert, unterliegt er dem Fehler https://de.wikipedia.org/wiki/A_nescire_ad_non_esse oder dem https://de.wikipedia.org/wiki/Argumentum_ad_ignorantiam) Wenn die Existenzbehauptung jedoch Erfolg hat, kann dies zum Problem des Käfers des Wittgenstein führen, das schon hier beschrieben ist: https://weltordnung.de/Wittgenstein-Kaefer.html

4. Ein praktisches Beispiel:
Personen vor derselben Sache, mit je anderen Arten von Sätzen

Das Beispiel der Wissenschaftler vor dem Mikroskop zeigt den Unterschied

(1) zwischen Personen, die sich auf die Sache beschränken,

(2) zwischen Personen, die Ihren Homukulus sprechen lassen,

(3) zwischen Personen, die einen Intern-Extern-Vergleich vornehmen,

zu (1)
A schaut durch das Mikroskop und sagt: Ich kann nicht entscheiden, ob ein Pilz oder ein Bakterium vorhanden ist. A sagt zu B und fragt, was B dazu denkt. B sagt, dass er Teile an der Sache sieht, die er von Pilzen her kennt, und andere Teile, die nur Bakterien haben. A stimmt dem B zu. So sagt B, dass er auch nicht sagen kann, ob die Sache ein Bakterium oder Pilz ist. Beide könnten sagen: Wir müssen jetzt gründlicher arbeiten, um herauszufinden, was das für eine Sache vorliegt.

A und B brauchten das Ich nur ungenau, sie bezogen ihre Sätze nur auf die Sache, sie brauchten keine Fiktion eines Homunkulus, kein Ich.

Beide ziehen andere Personen hinzu, die auch durch das Mikroskop schauen.

Zu (2)
C sagt: Meiner Meinung nach ist es ein Bakterium.
D
sagt: Ich glaube fest daran, dass es ein Pilz ist.
E Meiner Überzeugung nach ist es ein Bakterium.
F Ich habe die Gewissheit, dass es ein Bakterium ist.
G: Der Satz "Es ist ein Bakterium" ist wahr, ich weiß was wahr ist.

Für den Betrachter gibt es nun die Personen, die einzige Sache, wobei A und B sich nur an das Gesehene halten, C, D, E, F, G jedoch kommen mit ihrem Ich, ihrem Homunkulus, ihrer Meinung, ihrem Glauben, ihrer Überzeugungsinstanz oder ihrer Gewissheit einher. Es ist so, als hätten sie ihren Homunkulus befragt, und dieser hätte ihnen seine Sätze diktiert, sie hätten sie lediglich weitergegeben.

Zu (3)
H: Ich
habe den Satz des G gehört, ich habe ihn auf auf Wahrheit geprüft, und halte ihn für wahr.

Hier ist es so, als hätte bei ihnen genau dieselbe Sache in der Erinnerung vorgelegen, und dass die Person H fähig war, einen Vergleich extern/intern vorzunehmen, und mit Sicherheit sagen konnte: Es ist ein Bakterium. Hier kann der Betrachter zwar nicht sagen, sie hätten ihren Homunkulus befragt. Je nachdem wie die Personen sich ausdrücken, kann gesagt werden, ob das eine oder andere der Fall ist.

Wie auch immer, der Unterschied zwischen A, B auf der einen Seite ist, dass die anderen C,... bis H alle etwas ihnen Internes haben, das entscheidet, oder zumindest mit entscheidet, was außen der Fall für sie ist. Sie betonen damit ihre Voreingenommenheit, vermutlich sogar ungewollt. Was auch immer gesagt wird, das Gesagte kann von einem Betrachter darauf hin geprüft werden, ob die Person einen inneren Bezug sagte, anders gesagt, ob im gesagten Satz die Person vorkommt. Immer dann legt die Person etwas in sich als Maßstab an, als Beurteilungsstelle. Sogar das Wort Wahrnehmung ist trügerisch, transportiert die Annahme, dass die Person schon beim Sehen, Empfinden usw. davon ausgeht, dass das wahr ist, weil es ja durch die Instanz Wahrnehmung passiert ist. Das mag zwar selten sein, aber auch dann kann das Wort Wahrnehmung der Person mehr Sicherheit geben, als die Person hat, die das Wort nicht benutzt.

Weitere Personen können hinzu kommen:

I: Es ist ein Bakterium, weil ich viel gelernt habe.
J: Es ist ein Bakterium, weil ich k
ompetent bin.
K: Es ist ein Bakterium, weil der Professor Ha.. das auch sagte.

Der Sätze I und J stützen sich auf die eigene Sicherheit, also nicht auf eine Meinung, sondern auf die Vergangenheit, in welcher die Wahrheitsfähigkeit hervorgebracht hat, die nun angeblich auch jetzt dazu führt, dass I und J den richtigen Satz sagen. Beim Satz K ist ein Fremder mit ihm Spiel, der für die Satzaffirmation herhält, ohne dabei zu sein.

Auch ein anderes Beispiel zeigt, wie die Suche der Konflikt der unterschiedlichen Sätzen vor sich gehen kann. Zwei Personen sind vor derselben Sache.

A Ich sehe eine leicht rötliche Färbung an der Sache.
B Ich nicht. Wo siehst du diese denn?
A Oben links.
B Diese Stelle sehe ich gräulich.
A Dann schau mal rechts oben, dort ist die Sache dunkelgrün.
B Für mich ist die Sache dort fast schwarz.
A Sag mal, bist du farbenblind?

Das Mikroskop-Beispiel könnte auch ein Ende finden, wenn einer sagen würde: Tausch mal das Gerät aus!

Sätze, die zur Resignation führen können

Wenn die Personen vor einer Sache widersprüchliche Sätze finden, allein oder mit anderen, können sie sagen:

"Da ist ein Rätsel, wir staunen jetzt und tun nichts mehr! Philosophie beruht auf Staunen, und deswegen wollen wir das Staunen nicht beenden", oder

"da ist Emergenz, etwas völlig Neues, und deswegen warten wir ab, bis ein hoher mathematisch begabter Wissenschaftler die Lösung findet, die wir nicht finden können", oder

"vielleicht ist es ein Pilz und gleichzeitig ein Bakterium", oder ...

Die Personen vor Sachen, die nicht räumlich-statisch vor ihnen sind

Wenn es schon so viele Fälle von unterschiedlichen Möglichkeiten gibt, Sätze zu einer räumlichen Sache zu sagen, so wird es für andere Fälle noch mehr Fehlermöglichkeiten geben. Und die Frage stellt sich, ob die räumlich-statischen Beispiele auf alle Fälle angewendet werden können. Diese ist eher zu negieren. Das wären etwa Sachen, für die das Wort Geschehen in einem Zeitraum passt, oder solche, die immer wieder gleichartig ablaufen, mit oder ohne Zeit-Beschränkungen am Anfang oder Ende. Und diese Fälle sind vermutlich komplexer als die Fälle mit den räumlich-statischen Vorliegen von Sachen.

Daraus folgt: Es kann sein, dass die räumlichen Beispiele dann nicht als solche fungieren können. Nur kann man es ja probieren. Das hat Wittgenstein mit seinem Käferbeispiel versucht. Wenn es um die Frage geht, ob eine Sache vorhanden ist oder nicht, ist das bei fast allen Sätzen (außer der Anwendungs- und Prognosesätzen) der Fall, meist wird implizit eine Sache gedacht, die es vor einem gesagten Satz, zeitlich oder räumlich gibt oder gab.

Hilfskonstrukt Kategorienbaum

Ein Kategorienbaum kann einer Person helfen, wenn sie die Sätze prüfen will, die sie oft sagt.
Ein Beispiel:
Satz:
Es gibt zumindest einen Spunk.
Ja
Er ist räumlich.
Er ist nicht räumlich.
Er ist überall und nirgendwo.
Er ist aber nicht erlebbar mit den Sinnen.
Er ist erlebbar mit den Sinnen.
Er ist erlebbar, nach Konstruktion mit Wörtern, Sätzen, Texten.
Trotzdem praktiziere ich keine Rituale für ihn.

Nein
Er ist aber nicht erlebbar mit den Sinne.
Und deswegen gibt es ihn für mich nicht.

Vielleicht
Meinetwegen, aber ich kümmere mich nicht.
Er kommt nur in Märchen vor.
Das
"vielleicht" genügt mir, ich glaube also, dass es Spunke gibt, so wie Blaise Pascal mich auch zu einer anderen Sache überzeugte.

Hiermit dürfte zu denken gegeben worden sein, dass die Person nach einem gesagtem Satz genauer befragt werden kann, bzw. sie sich, wenn sie ehrlich ist, den Kategorienbaum aufzeichnet, mit dessen Hilfe sie ihr Denken prüfen kann. Wenn sie dann sagt, dass sie nicht zeichnen kann, oder sie sich nicht auch noch mit Sprachphilosophie befassen kann, bleibt sie eben stehen.

Bei unterschiedlichen Sätzen zur selben Sache können sich einige Fragen stellen:

Ist die Person mit allen möglichen Sinnen ausgestattet, um sich an eine Sache erkennend zu nähern.

Hat die Person eine hohe oder geringe Auflösung bei ihren Sinnen.

Beispielhaft vor eine räumlich-statischen Sache mit dem Sinn des Sehens: Gibt es einen Schleier vor der Sache, vor dem Auge, oder ein grauer Star im Auge, oder gar in der Person, so dass ihr die Aufmerksamkeit für dieses Sehen zur Sache fehlt, oder gibt es eine Opposition, diese Sache zu sehen? Die Person kann sogar kein Interesse am Sehen insgesamt haben, sie müsste erst motiviert werden, zu schauen, und dann auf die Sache zu schauen. Hat die Person schon so viele Wörter im Gebrauch, dass diese beim Betrachten einer neuen Sache so sehr stören, dass sie nicht mehr unbefangen oder fehlerfrei auf neue Sachen zugehen kann?

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