Kausalität und Sinn
Kausalitätsprinzip vs. Synchronizitätsprinzip?

Hier ist ein Zitat von CG. Jung: „Das Kausalprinzip sagt aus, dass die Verbindung von Ursache und Wirkung eine notwendige sei. Das Synchronizitätsprinzip sagt aus, daß Dinge durch Gleichzeitigkeit und durch den Sinn verbunden sind.“

(Vorsicht: Hier kommen die Wörter Synchronität und Synchronizität vor, sie sind nicht gleichbedeutend.)

Mit dem Zitat sind die folgenden drei Sätze kompatibel, dh. es ist liegt kein Widerspruch zwischen ihnen und dem Zitat vor.

(1)
Es gibt Sachen, die miteinander verbunden sind oder zumindest mit einer Verbindung gedacht werden können.

(2)
Die Sache A(zu t=0) kann mit der Sache A(zu t=-1) verbunden sein. Dann spricht man von Kausalität. Die Verbindung geht über die Zeit, und A(zu t=-1) liegt vor A(zu t=1).

(3)
Die Sache A(zu t=0) kann mit der Sache B(zu t=0) verbunden sein. Dann spricht man von Synchronität. Die Verbindung geht zudem über den Raum hinweg, unabhängig vom Ort der zwei Sachen.

Zusätzlich sind im Zitat noch die Lemmata „Prinzip“, „notwendig“, „Sinn“.
Und „Ursache“, „Wirkung“, eventuell statt dessen „Ursache und Wirkung“.

Den Wörtern Kausalität und Synchronität noch das Wort Prinzip hinzu zu fügen, kann unter Umständen in Ordnung sein. Scheinbar hat C.G. Jung das Wort Synchronizität eingeführt, das nicht mit Synchronität ersetzt werden kann. Das Wort Gleichzeitigkeit wird allgemeiner benutzt als das Wort Synchronität. (https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichzeitigkeit: Gleichzeitigkeit, Simultanität (auch Simultaneität), fälschlich oft auch zeitgleich)

Dann sind mit dem Zitat zwei Sätze vereinbar, die möglicherweise im Sprachgebrauch vorliegen, oder eben von C.G. Jung vorgeschlagen werden:

(4) Das Kausalprinzip liegt vor, wenn eine notwendige Verbindung zwischen zwei Sachen, in dem Fall „Ursache und Wirkung“ genannt, besteht.

(5) Das Synchronizitätsprinzip liegt vor, wenn eine sinnvolle Verbindung zwischen zwei Sachen besteht.

Die Sätze (4) bzw. (5) können

a) als Definitionen angesehen werden, dann wird der Kausalität bzw. der Synchronizität eine beliebige dritte Sache hinzu gefügt, oder aber

b) als analytische Begriffe (bei Immanuel Kant), wobei die dritte Sache dann innen erkannt oder festgestellt wird, oder außen, als synthetische Begriffe, oder nur an der Oberfläche oder sonstwie.

Wie auch immer, implizit wird so getan, als könnte in (4) kein Sinn vorliegen, und in (5) keine Notwendigkeit. Gerade C.G. Jung will diese Sache derart von Kausalität abheben, und nachher gibt er nicht viele Fälle an, in denen die Synchronizität vorkommt. Das Zitat wirft vermutlich mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Und doch können die Fragen „künstlicher Art“ sein, und sich normalerweise gar nicht stellen. Es kann sein, dass sich mit dem Zitat schiefe Fragen stellen, die sich ohne das Zitat so nicht stellen.

Eine weitere Bemerkung ist, dass bei Kausalität mehrere Ursachen vorliegen können, die sogar oft gleichzeitig vorliegen können oder müssen, und damit auch Synchronität. Oft muss mehr als eine Sache in Raum und Zeit vorliegen oder zusammen treffen, damit eine weitere Sache geschieht (Multikausalität). Synchronizität bedarf der Synchronität, aber nicht umgekehrt.

Nebenbei bemerkt: Kausalität selbst kann als Prinzip angesehen. Synchronizität ist eher von C.G. Jung eingeführt, Gleichzeitigkeit kommt bei Sören Kierkegard vor. Ob mit Hilfe der Sätze mit Synchronizität oder Gleichzeitigkeit eine Definition von Sinn auf den Weg gebracht werden kann, ist fraglich. Hier kann noch an Viktor Frankl gedacht werden. Ludwig Binswanger zu Husserl in https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Binswanger: „Phänomen ist gleichzusetzen mit Sinn und Gehalt der Erlebnisweise der jeweiligen Person. Sinnverleihende und sinnerfüllte Akte und ihre Gegenstandsbereiche machen den Menschen zum Menschen.“ (Hä!) Hier ist Sinn etwas, was gleichzeitig oder nachher erfahren wird, und zudem nicht in der Zukunft, also ist Sinn nicht unbedingt eine Antwort auf das Wozu. Das alles kann ich aus Zeitgründen nicht durchforsten.

Die Sinnforscher mögen sich zur Sache äußern, und ihre Definitionen vorlegen. Begriffe helfen mir nicht. Übrigens kann die „empirische Sinnforschung“ in Innsbruck studiert werden: https://www.sinnforschung.org.

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