Unterscheidung Definition / Begriff an Hand des Wortes Ideologie Ein Gespräch einer Gruppe In einer Gruppe von Personen spricht jede ihren Beitrag, dann die andere, und so geht es weiter. Es ist so wie bei einem Radiogespräch, bei dem der Zuhörer nicht erkennt, wer denn gerade spricht. Jedem Beitrag entspricht ein Absatz. Wir wollen heute über Ideologie sprechen. Was soll das? Man braucht doch nur im Lexikon zu schauen, und dann weiß man mehr als wir alle zusammen. Ich will jedoch wissen, was Ideologien von Nicht-Ideologien unterscheidet, und was sie gemeinsam haben. Gibt es nicht etwas dazwischen, und etwas, das weder das eine noch das andere ist? Sicher sind Ideologien und Nicht-Ideologien zumindest fiktiv in den Personen, und sonst nirgendwo. Also in den Köpfen läuft das Denken ab, oder anders gesagt: Die Personen denken. Mehr geschieht bei ihnen nicht, außer der sonstigen körperlichen Sachen innerhalb von ihren Grenzen. Greifst du nicht zu kurz, wenn du das sagst? Gibt es nicht zusätzlich noch das Rechnen, das Glauben, das Unbewusste, das Fühlen, die Triebe, den Willen? Jedes Wort, das du hier ins Gespräch zusätzlich einführst, hemmt uns, so dass wir auf keinen grünen Zweig in unserem Gespräch kommen werden. Dem stimme ich zu, denn so würde es kunterbunt von einer Art Geschehnissen in der Person zu den anderen gehen, und gleichzeitig müssten manchmal entsprechende Instanzen gedacht werden, und noch dazu Begriffe, das ist zu viel des Guten. Ich bemerke, dass wir besser im Gespräch weiter kommen, wenn wir ohne Begriffe sprechen, nur von Wörtern und Definitionen. Auf diese Weise werden die Vieldeutigkeiten vermieden. Aber wir waren uns doch immer einig darüber, dass wir versuchen, uns über eine gemeinsame Bedeutung jedes Begriffes zu einigen, das wir benutzen wollen, bevor wir es verwenden. Richtig, es geht um die genaue und konsensuelle Begriffsbestimmung, das ist genauso gut wie eine Definition. Wir sind nicht immer damit weiter gekommen. Wenn der Konsens uns gelingen würde, wäre es nicht sicher, ob wir diesen auch außerhalb unserer Gruppe durchsetzen könnten. Gerade das ist eines der Probleme. Ein weiteres Problem ist das des Sollens, das mit jedem Begriff einher geht. Aber das ist bei jeder Definition der Fall. Das stimmt, nur kommt der Vorteil der Definition, dass sie geschrieben werden kann, und dass sie dann real auf Papier oder sonst einer Unterlage vorhanden ist. Sie kann auch gesagt werden, in den Schallwellen ist sie dann real vorhanden. Komisch, so was habe ich noch nie gehört. Meinst du, es gibt mit Begriffen nicht schon eine implizite Definition? Oder entspricht einem Begriff nur ein Vorwissen, oder gar ein Halbwissen? Das ist eine gute Frage. Aber ja, das stimmt, Definitionen werden geschrieben, und dann kann die Person eher dabei bleiben. Wenn eine Definition in einem Buch vorkommt, und wenn es vorher noch kein Wort für das Definiendum gab, dann kann die Stelle zitiert werden. Das stimmt, jedoch bei Begriffen geht es meist auf die Suche nach der Stelle, an der sie vorkommen, von wem sie benutzt werden, in welchem Zusammenhang sie vorkommen, von welcher Gruppe von Personen sie benutzt werden, und welche Personen sie meiden. Mir fällt ein: Wo sind denn die Begriffe? P.J.: Im Kopf der Personen, wo denn sonst! Nein, sie sind etwas Allgemeines, sie haben keinen Ort. Sind sie denn überall? Das kann man auch nicht sagen. Ist das was Plato Ideen nannte, dasselbe, was wir mit dem Wort Begriff sagen? So einfach ist das nicht, jedoch wollen wir mit einem Begriff sagen, dass wir mit ihm etwas begreifen, was wir ohne ihn nicht begreifen könnten. Mit dem Begriff haben wir die Sache im Griff. Der Begriff hat gegenüber der Idee etwas mehr als das, was Plato dabei dachte. Mit dem Begriff verstehen wir etwas. Schön wär's, ich verstehe nicht immer etwas mit einem Begriff. Und mit einer Idee begreifen wir dann etwa nichts? Worauf willst du hinaus? (eine Universal-Ablenkung) Eine Idee, nicht im Sinne des Platon, ist wirklich nur ein Einfall, und der ist allein in der Person. Er entsteht, und dann vergeht er vielleicht wieder. Zurück zum Wort oder Begriff Ideologie. Ideologie wäre eine Menge von Sätzen und Texten. Das genügt jedoch nicht. So in etwa, aber es müssten schlechte Wörter, Sätze und Texte sein, bösartig, schädlich müsste das Ganze in ihrer Gesamtheit sein. Oder wird derjenige, der diese Wörter, Sätze, Texte benutzt, dazu bewegt, Böses zu tun? Dann muss wieder Einigkeit über die Begriffe für bösartig, schädlich, usw. bestehen. Aber es gibt doch einen Unterschied, der ersichtlich ist, wenn man sieht, dass einige Böses tun, ohne Grund, ohne Ideologie. Das stimmt. Und doch ist das Böse eine Folge des Denkens, egal ob mit oder ohne Ideologie. Und darum geht es. Aber eine Ideologie hat sich mit der Zeit aufgebaut. Richtig. Also meinst du, das Denken der Ideologie müsste an einem bestimmten Zeitpunkt angefangen haben? Ja, und vermutlich hat es sich während eines Zeitraums aufgebaut. Aber in welchem Zeitraum? Die meisten sehen als Zeitpunkt oder Zeitraum die Zeit an, vor dem das böse Geschehen ablief. Es kann also das Folgende gesagt werden: Eine Person oder Gruppe hat ein System von Wörtern, Sätzen, Texten während einer gewissen Zeit aufgebaut. Wenn es eine Gruppe war, haben viele einen Beitrag dazu geleistet. Zu einem bestimmten Zeitpunkt geschehen Sachen, die von anderen Personen als böse angesehen werden. Nun besteht in dieser Zweitgruppe die Tendenz, zu sagen, dass das System eine Ideologie war. Und wenn nichts Böses geschehen wäre, wäre niemand darauf gekommen, dass da eine Ideologie war. So kann es sein. Es mag ein System von Wörtern und Sätzen gewesen sein, aber es war dann keine Ideologie. Dann folgt daraus aber einiges. Was nur? Etwa, dass da etwas komisch an diesem Denken zum Geschehen ist, insbesondere wegen des Nutzens des Wortes Ideologie, weil dieses Wort erst genutzt wird, wenn das Böse geschieht, oder wenn es schon geschehen ist? Wäre es dann nur eine Floskel für eine Klage? Wäre der Unterschied einer Ideologie zu irgend einem System von Wörtern, Sätzen, Texten, nur, dass sie böse Handlungen verursacht? Scheinbar ja. Und der Umkehrsatz wäre, dass ein System, das etwas Böses verursacht, eine Ideologie wäre. Es sei denn, das Böse wäre nur vor Ort getan worden, aus einem eher einfachen Denken heraus. Das habe ich so noch nie gehört. Dann haben wir ausgehend von einem Wort, zu dem wir keine Definition hatten, sondern nur einen Begriff, ein Wort, das als Definiendum für eine Definition benutzt werden könnte. Aber im Definiens wäre noch eine undefinierte Sache. Was denn? Das Böse. Deswegen haben wir keine Definition für das Wort Ideologie, weil wir noch keine für das Böse haben. Das stimmt, wenn wir annehmen, dass eine Definition nur eine solche ist, wenn im Definiens keine Begriffe vorkommen. Das ist aber ein mir unbekanntes Kriterium. Und wieso ist zum Wort System eine Definition möglich? Ganz einfach: System: Die Wörter, die in ihm vorkommen, die Sätze, die Texte. Und das alles kann auf Papier geschrieben werden, es ist begrenzt, obwohl jeder das System noch umformen kann. Das ist eines der Kriterien für eine Definition, ein letzter oder erster Test, vielleicht eine Mindestbedingung. |